Isabel Keidel: Die Bedeutung der Dinge

Dieser Beitrag widmet sich der Frage, inwiefern sich die Bedeutung der Dinge seit der Industriegesellschaft bis zur Spätmoderne verändert hat. Hierfür wird einerseits die Analyse des Kapitalismus von Karl Marx als Stellvertreter für die Industriegesellschaft analysiert und andererseits Andreas Reckwitz’ Gesellschaft der Singularitäten als Stellvertreter für die Spätmoderne herangezogen. Es wird gemäß dem symbolischen Interaktionismus davon ausgegangen, dass die Bedeutung der Dinge in sozialer Interaktion entsteht und vom Einzelnen interpretiert wird. Außerdem können Dinge grundsätzlich alles sein, was der Einzelne in seinem Umfeld wahrnehmen kann. Um die Bedeutung der Dinge in der Gesellschaft zu analysieren, wird bei beiden Autoren die Struktur der Ökonomie, der Aufbau der Gesellschaft und das Menschenbild beziehungsweise der Lebensstil der Individuen analysiert, um darauf aufbauend abzuleiten, welche Bedeutung die Individuen, die berufliche Tätigkeit und Konsumgüter in den jeweiligen Gesellschaften erhalten. Es kann festgestellt werden, dass Individuen in der Spätmoderne im Vergleich zur Industriegesellschaft ein weniger kollektivistisch ausgerichtetes Wesen haben und die Bedeutung durch den Konsum von singulären Gütern entsteht. Individuen agieren als Kurator und schreiben sämtlichen Aktivitäten im Alltag einen kulturellen Wert zu, der sich anschließend auf das Individuum selbst überträgt. Die berufliche Tätigkeit dient im Vergleich zur Industriegesellschaft heutzutage vor allem der Selbstverwirklichung. Marx hat diese Bedeutung in einer kommunistischen Gesellschaft bereits festgestellt, jedoch einen Widerspruch zwischen Kapitalismus und einer selbstverwirklichenden Tätigkeit statuiert. Dieser Widerspruch wird in der Spätmoderne für einen Teil der Gesellschaft aufgelöst. Konsumgüter erhielten in der Industriegesellschaft vor allem durch den Tauschwert, also die darin enthaltene Arbeitszeit, eine Bedeutung. Marx deutet mit dem Warenfetisch lediglich an, dass Güter eine soziale Bedeutung haben. In der Spätmoderne fokussiert sich Reckwitz mit dem Begriff der Singularität, also einem Gut mit innerer Dichte und einer hohen Eigenkomplexität, auf eine Bedeutung, die durch vielschichtige Prozesse auf Seiten des Individuums zugeschrieben wird und anschließend von außen bestätigt wird. Insgesamt kann statuiert werden, dass die Bedeutung der Dinge in der spätmodernen Gesellschaft vielschichtiger, komplexer und weniger ökonomisch ist als noch in der Industriegesellschaft.

Dinge sind omnipräsent. Als permanenter Bestandteil sämtlicher gesellschaftlicher Prozesse sind sie Träger einer Bedeutung: sei es bei der Produktion, dem Konsum oder in privaten und beruflichen Kontexten. Die Bedeutung und deren Entstehung hinsichtlich gegenständlicher Dinge ist in den letzten Jahrzehnten vor allem im Rahmen der Erforschung von Konsumentenverhalten thematisiert worden.

Die Analyse von Kaufentscheidungen wird vielfach mit Hilfe von diversen Methoden untersucht. Hierbei sind vor allem psychologische und neurologische Prozesse ausschlaggebend: Die Frage, warum der Kunde in der jeweiligen Situation ein bestimmtes Produkt erwirbt, wird durch verschiedene Reize aus der Umwelt erklärt. Hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit der Gesellschaftsmitglieder hat sich das Forschungsinteresse in den letzten Jahren vor allem auf die neuen Arbeitsformen und Begriffe wie Work-Life-Balance fokussiert. Es wurden folglich vor allem Fragen bezüglich der Art und Weise, wie die Arbeit ausgeführt wird und wie sie in das private Umfeld der Arbeitenden eingebettet wird, erforscht. Hierbei lag der Fokus vor allem auf Berufen, die im akademischen Umfeld ausgeführt werden. Welche Bedeutung die Arbeit jedoch im Kern für den Einzelnen in seiner konkreten Lebenssituation hat und welche Unterschiede hinsichtlich der Bedeutung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft existieren wurde bisher in geringem Maße analysiert. Die Einordnung der Bedeutung der Dinge in einen Kontext, der sowohl individuelle Prozesse als auch den gesamtgesellschaftlichen Rahmen und die Ökonomie umfasst, steht jedoch noch aus. Weiterhin liegt der Fokus der Forschung hauptsächlich auf der aktuell herrschenden Situation und der Gestaltung der Zukunft. Die voranschreitende Digitalisierung und die damit einhergehenden Veränderungen, die sämtliche Teile der Gesellschaft und Ökonomie umfassen, vereinnahmen das Forschungsinteresse. Ein Blick in die Historie erscheint jedoch durchaus sinnvoll. Das mediale Interesse richtete sich jüngst verstärkt auf Karl Marx, der im 19. Jahrhundert eine scheinbar bis heute aktuelle Analyse des Kapitalismus und der damalig vorherrschenden Industriegesellschaft vollzog. Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung, die Globalisierung und damit einhergehenden gesellschaftlichen Entwicklungen lassen sich noch immer mit Marx’ Theorie erklären. Es erscheint also durchaus sinnvoll, sich erneut mit Marx’ Theorie zu beschäftigen und das mediale Interesse als Anlass für eine erneute wissenschaftliche Aufbereitung von Marx’ Analysen zu sehen. Es ergibt sich folgende Forschungsfrage: Inwiefern hat sich die Bedeutung der Dinge von der Industriegesellschaft bis in die Spätmoderne verändert? Um diese Forschungsfrage zu beantworten, wird die Analyse des Kapitalismus von Karl Marx herangezogen. Weiterhin wird Andreas Reckwitz’ Gesellschaft der Singularitäten als für die Spätmoderne stellvertretendes Werk analysiert. Auf diese Weise soll herausgearbeitet werden, wie erstens die Ökonomie bei beiden Autoren strukturiert ist, wie zweitens der Aufbau der Gesellschaft charakterisiert werden kann und wie drittens das Menschenbild beziehungsweise der Lebensstil der Individuen beschrieben wird. Darauf aufbauend kann festgestellt werden, wie die Dinge in der Gesellschaft eine Bedeutung erhalten und wie diese Bedeutungen im Kern aussehen. Grundsätzlich wird im vorliegenden Beitrag davon ausgegangen, dass Dinge in der Industriegesellschaft eine universelle Bedeutung haben. In der Spätmoderne hingegen erhalten Dinge eine individuelle Bedeutung. Der Fokus liegt vor allem auf der Bedeutung der Individuen, der beruflichen Tätigkeit und der konsumierten Güter in den jeweiligen Gesellschaften.

Relevanz der Bedeutung der Dinge

Die Theorie des symbolischen Interaktionismus von Herbert Blumer eignet sich für die Analyse der Dinge und ihrer Bedeutung. Die Grundlage der Theorie bilden drei Prämissen, die einerseits besagen, dass die Bedeutung der Dinge das Fundament des menschlichen Agierens bilden. Weiterhin definiert Blumer Dinge nicht ausschließlich durch eine gegebene, gegenständliche Form. Vielmehr können Dinge alles sein, was der Mensch in seinem Umfeld beobachten kann. Blumer kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die Bedeutung von Dingen in psychologischen und soziologischen Ansätzen häufig als nicht relevant genug behandelt beziehungsweise gar nicht erst thematisiert wird. Oftmals wird die Bedeutung als vorhanden akzeptiert oder nur als verbindendes Element zwischen dem Verhalten von Individuen und den beeinflussenden Faktoren gesehen. Folglich liegt das Forschungsinteresse der Wissenschaft einerseits auf menschlichem Verhalten, andererseits auf den Motiven, die dahinterstehen. Die Psychologie und Soziologie fokussieren sich somit laut Blumer auf Einflüsse wie „Stimuli, Einstellungen, bewussten oder unbewussten Motiven, […] soziale Position, Statusanforderungen, soziale Rollen, kulturelle Vorschriften“ (Blumer, 2013, S.64) und vernachlässigen somit in der Annahme, dass das menschliche Verhalten Ergebnis der vorherig genannten Faktoren sind, die Bedeutung der Dinge. Doch für Blumer ist erst die zweite Prämisse die entscheidende Grenze zu anderen Ansätzen, da diese sich auf die Quelle der Bedeutungen bezieht.

Die Bedeutung der Dinge entsteht nämlich durch soziale Interaktion. Blumer erwähnt in diesem Zusammenhang zwei Einstellungen gegenüber Bedeutungen, die sich von seiner zweiten Prämisse deutlich unterscheiden. Einerseits wird im Rahmen des Realismus oftmals davon ausgegangen, dass die Dinge eine naturgemäße Bedeutung haben, die objektiv zugeschrieben wird und ohne menschliches Zutun vorhanden ist. Es genügt, dass der Mensch das entsprechende Ding beobachtet und daraus ableitet, welche Bedeutung es besitzt. Ein weiterer Ansatz besteht darin, dass die Bedeutung eines Dings durch die psychische Verfassung des Individuums und die daraus folgende Wahrnehmung entsteht. Die Bedeutung ist also geprägt durch Emotionen, Ansichten, gesammelte Lebenserfahrung und wird somit ausschließlich auf Prozesse innerhalb des wahrnehmenden Individuums reduziert. Blumer betont, dass der symbolische Interaktionismus davon ausgeht, dass die Bedeutung der Dinge entsteht, indem der Einzelne beobachtet, wie sich weitere Personen im Zusammenhang mit dem jeweiligen Ding verhalten und daraus die Bedeutung der Dinge entsteht. Unerlässlich laut der zweiten Prämisse ist also ein soziales Miteinander und Kommunikation. Die Bedeutung der Dinge entsteht situativ. Die dritte und letzte Prämisse stellt eine weitere Abgrenzungsmöglichkeit des symbolischen Interaktionismus von anderen Ansätzen dar.  Diese besagt, dass die entstehenden Bedeutungen vom jeweiligen Individuum interpretiert werden.

Für Blumer wäre es ein Trugschluss aus der zweiten Prämisse zu schlussfolgern, dass die aus der sozialen Interaktion hergeleitete Bedeutung für das Individuum die alleinige Funktion hat, sie zu übernehmen und anzuwenden. Es muss unbedingt beachtet werden, dass die dritte Prämisse einen Prozess der Interpretation impliziert. Zwei Schritte werden hierbei durchlaufen: in einem ersten Schritt richtet der Einzelne im Rahmen eines in ihm stattfindenden Prozesses seine Aufmerksamkeit auf das entsprechende Ding und dessen Bedeutung. Dieser Prozess ist von den oben erwähnten psychischen Faktoren abzugrenzen, da er vielmehr einem Kommunikationsprozess des Einzelnen mit sich selbst entspricht. Im nächsten Schritt wird der Einzelne mit den erfahrenen Bedeutungen in der gegebenen Situation umgehen und hierbei die Bedeutungen untersuchen, priorisieren und abändern. Somit ist die Interpretation keinesfalls ein automatisierter Prozess. Er sollte als Hergang gesehen werden, bei dem die Bedeutungen die Funktion haben, die entsprechende Handlung zu meistern. Auch hier wird die situative Entstehung der Bedeutung der Dinge deutlich: situationsabhängig entscheidet das Individuum durch Interpretation, welche Bedeutung das jeweilige Ding besitzt (vgl. Blumer, 2013, S. 64ff.).

Anhand dieser Prämissen wird das Ziel des vorliegenden Artikels deutlich: die Vernachlässigung der Bedeutung der Dinge muss überwunden werden. Die Anerkennung der Relevanz ist unerlässlich, um menschliches Verhalten und gesellschaftliche Prozesse zu analysieren und zu verstehen. Der vorliegende Beitrag versucht also erstens, die Bedeutung der Dinge in der Gesellschaft in einen Gesamtkontext einzuordnen, der sowohl die Individuen, ihre berufliche Tätigkeit, die konsumierten gegenständlichen Dinge und die Rolle der Ökonomie umfasst, zweitens mit Hilfe von Marx’ Theorie ebendiesen Gesamtkontext in der Industriegesellschaft und der damit einhergehenden, verstärkten Arbeitsteilung und dem Einsatz von Maschinen zu verstehen und drittens mit Hilfe von Andreas Reckwitz Gesellschaftsanalyse die heutige Situation zu beleuchten. Ein Vergleich der beiden Theorien soll die Forschungsfrage beantworten, inwiefern sich die Bedeutung der Dinge von der Industriegesellschaft bis zur Spätmoderne verändert hat. Die Vorgehensweise, die diesem Artikel zugrunde liegt, ist rein theoretisch und inhaltsanalytisch. Auf eine empirische Erhebung wird verzichtet.

Kapitalismus als ökonomische Struktur

Bei der Analyse der Ökonomie ergibt sich, dass Marx den Wert von Waren durch die Nützlichkeit (Gebrauchswert) und den Wert, in dem die für die Herstellung der Ware notwendige Arbeitszeit inkludiert ist (Tauschwert), definiert (vgl. Marx, 1962, S. 50ff). Weiterhin beschreibt Marx im Zusammenhang mit dem Wert von Waren den Warenfetisch: Die Mitglieder der Gesellschaft sehen den Tauschwert als naturgegeben an und erkennen nicht, dass dieser durch die kapitalistische Gesellschaftsstruktur erst entstehen konnte. Gesellschaftliche Beziehungen werden in Warenform ausgedrückt (vgl. Marx, 1962, S. 85ff.). Marx geht jedoch nicht ausreichend genau auf den Warenfetisch ein, um hinreichende Schlüsse im Hinblick auf die Bedeutung der Dinge zu ziehen. Im Briefwechsel mit Engels wird jedoch deutlich, dass Marx selbst Waren durchaus eine soziale Bedeutung zuschreibt, die über den Tauschwert hinausgeht (vgl. Trentmann, 2016, S. 154ff.). Der Warenfetisch deutet dies bereits an. Weiterhin erfordert die steigende Anzahl an Austauschprozessen Geld als allgemeingültige Äquivalentform (vgl. Marx, 1962, S. 83). Zunächst werden von den Gesellschaftsmitgliedern beziehungsweise Kapitalisten Waren gegen Geld und dieses Geld wiederum in Waren getauscht, um Bedürfnisse zu befriedigen. Es entwickelt sich Gier, die dazu führt, dass Schatzbildner versuchen, das Geld vor dem beschriebenen zirkulären Austausch zu retten und es schlussendlich zu vermehren (vgl. Marx, 1962, S. 147). Der Prozess entwickelt sich schlussendlich zum Kreislauf Geld gegen Ware, gegen mehr Geld, also Akkumulation von Geld (vgl. Marx, 1962, S. 161ff.).

Durch den sogenannten Mehrwert ist eine Vermehrung des Geldbetrages, der am Ende des Kreislaufes zu verorten ist, möglich. Die Gesellschaftsmitglieder erkennen Privateigentum an, was dazu führt, dass einerseits Kapitalisten über alle Produktionsmittel verfügen, die insgesamt zur Produktion von Waren nötig sind und andererseits Proletarier ausschließlich über ihre Arbeitskraft verfügen und diese in Folge dessen an die Kapitalisten verkaufen müssen. Die Kapitalisten zahlen den Proletariern hierfür einen Lohn, der jedoch nur einem Teil der geleisteten Arbeit entspricht. Der Teil der Arbeitszeit, der von den Proletariern zwar geleistet, aber nicht entlohnt wird, bildet durch den in diesem Zeitraum generierten Tauschwert den Mehrwert und führt gleichzeitig zur Ausbeutung der Proletarier (vgl. Marx, 1962, S. 61ff.). Weiterhin führt der Einsatz von Maschinen und die damit verbundene Entwertung der menschlichen Arbeitskraft dazu, dass die Proletarier zunächst die Maschinen als Feind bewerten und bekämpfen (vgl. Marx, 1962, S. 455). Weiterhin ermöglicht die Akkumulation von Kapital weitere Akkumulation ohne großen Aufwand auf Seiten der Kapitalisten. Daraus resultierend entstehen im Lauf der Zeit wenige Kapitalisten, die über alle Produktionsmittel verfügen. Die Kapitalisten, die in diesem Prozess nicht ausreichend Kapital akkumulieren können, gelangen in das Proletariat. Dementsprechend wird die Klasse der Proletarier größer, erlangt mit der Zeit mehr Wissen und Bildung und ist in der Lage sich gegen die Kapitalisten aufzulehnen. Die wenigen Kapitalisten, die über alle Produktionskräfte verfügen, werden letztlich von den Proletariern aufgrund der steigenden Ausbeutung bekämpft und in Marx’ Wunschvorstellung besiegt (vgl. Marx, 1962, S. 789ff.).

Kapitalisten vs. Proletarier: ein Klassenkampf

Die Gesellschaft ist – wie bei Erläuterung der ökonomischen Gegebenheiten bereits deutlich wurde – in zwei Klassen aufgeteilt: Proletarier und Kapitalisten. Die Proletarier sind diejenigen, die allein über ihre Arbeitskraft verfügen und diese auf dem Markt an Kapitalisten verkaufen. Die Kapitalisten sind im Besitz aller zur Produktion von Waren notwendigen Mittel und erwerben die Arbeitskraft der Proletarier für einen bestimmten Zeitraum. Die Proletarier beginnen sich im Laufe der Zeit gegen die Kapitalisten zu verbünden. Der daraus resultierende Klassenkampf zwischen Proletariern und Kapitalisten wird durch verbesserte Instrumente zur Kommunikation und Weiterbildung der Proletarier immer ausufernder und führt letztendlich zu einer kommunistischen Gesellschaft (vgl. Engels/Marx, 1972, S. 462ff.).

Entfremdung des kollektistischen Wesens

Das Individuum ist für Marx ein kollektivistisch ausgerichtetes Wesen, das sich und sein Gattungswesen selbst verwirklicht. In einer kommunistischen Gesellschaft kann der Mensch frei und unabhängig entscheiden, mit welcher Tätigkeit er sein alltägliches Leben führt. Durch den Kapitalismus und die damit verbundene Arbeitsteilung sowie das Privateigentum, ist der Mensch zu bestimmten Tätigkeiten gezwungen, was zur Entfremdung führt: Der Mensch produziert Waren, die am Ende des Produktionsprozesses nicht ihm gehören, entfremdet sich in Folge dessen von sich selbst und seinem Gattungswesen, da er im Rahmen seiner Tätigkeit nicht dem freien Willen, sondern dem Selbstzweck der Kapitalakkumulation unterlegen und somit nur ein Mittel zur Generation des Tauschwerts ist. Arbeit ist für das Individuum im Kapitalismus dementsprechend lästig. Weiterhin ist der Mensch im Kapitalismus kein tugendhaftes, moralisches Wesen. Die kapitalistische Struktur der Gesellschaft führt dazu, dass Menschen ökonomische Werte über moralische Werte stellen und beispielsweise sparsam leben. Was ethisch richtig wäre, wird vom Individuum in seinen Handlungen nicht präferiert (vgl. Fromm, 1988, S. 34ff.).

Kapitalismus heute

Durch Reckwitz beschreibt die ökonomische Struktur der Spätmoderne als creative economy. Es werden vorrangig Güter hergestellt, die vom Konsumenten valorisiert werden und kulturellen Qualitäten entsprechen. Diese Qualitäten sind ästhetisch, ethisch, ludisch, narrativ-hermeneutisch oder gestalterisch. Entspricht das Gut zusätzlich einem originellen und raren Anspruch, ist es singulär: Es besitzt eine innere Dichte und Eigenkomplexität. Die Güter besitzen eine Doppelstruktur von Moment und Dauer und unterscheiden sich vor allem in ihrer Wirkung von funktionalen Gütern. Durch die Valorisierung wirkt das Gut nicht nur während des Gebrauchs, sondern langfristig. Weiterhin werden die Güter im Rahmen der Hyperkultur bezogen, es kommt also jede Kultur als Quelle von kulturellen und singulären Gütern in Frage.

Die Märkte, in denen die Güter ausgetauscht werden, sind durch den Kampf um asymmetrisch verteilte Aufmerksamkeit und Valorisierung gekennzeichnet. Die Güter werden durch Performanz vor dem Publikum, also den Konsumenten, präsentiert, um die notwendige Affizierung des Publikums zu erreichen. Dadurch entsteht zwischen den Produzenten der Güter eine Hyperkompetivität. Die Märkte der Spätmoderne sind Nobody-Knows-Märkte, auf denen singuläre Güter überproduziert werden. Die Pareto-Verteilung führt dazu, dass die Mehrheit der Güter keine Valorisierung erfährt. Rezensionen von Experten und Laien sowie Mechanismen der Quantifizierung können einen Beitrag zur Erreichung von Aufmerksamkeit leisten. Weiterhin ist die Akkumulation von Singularitätskapital von Bedeutung: Wer einerseits Aufmerksamkeitskapital und andererseits Reputationskapital anhäuft, erreicht mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft ohne hohen Ressourceneinsatz Valorisierung (vgl. Reckwitz, 2017, S. 113ff.).

Klassenkampf der Spätmoderne

Die Gesellschaft ist in Reckwitz’ Analyse analog zu Marx in Klassen eingeteilt: die neue Mittelklasse, die alte Mittelklasse und die Unterklasse. Es gibt zusätzlich eine Oberklasse, die aber aufgrund ihrer kleinen Größe im Hinblick auf die Bedeutung der Dinge nicht als einflussreich bewertet werden kann. Die Klassen dieser Drei-Drittel-Gesellschaft weisen hohe Unterschiede, vor allem bezüglich des kulturellen Kapitals auf. Die neue Mittelklasse ist diejenige Klasse, die von der Bildungsexpansion der letzten Jahrzehnte am meisten profitiert hat. Die Mitglieder dieser Klasse ist durch ihr kulturelles Kapital in der Lage, in der creative economy zu arbeiten und den singulären Lebensstil zu verwirklichen und die gewünschte Lebensqualität durch kulturelle und singuläre Güter zu erreichen. Die alte Mittelklasse strebt nach Lebensstandard statt Lebensqualität und verfügt über weniger kulturelles sowie ökonomisches Kapital als die neue Mittelklasse. Ein Teil der alten Mittelklasse strebt den Lebensstil der neuen Mittelklasse an, während für einen weiteren Teil der erreichte Lebensstandard zufriedenstellend ist. Der dritte Teil der alten Mittelklasse befindet sich an der Grenze zur Unterklasse und ist somit durch Angst vor dem sozialen Abstieg geprägt. Die neue Unterklasse ist durch ihr niedriges ökonomisches und kulturelles Kapital mit existenziellen Problemen beschäftigt und nicht in der Lage, den singulären Lebensstil zu realisieren. Die neue Mittelklasse empfindet das Leben der Unterklasse als defizitär und entvalorisiert beziehungsweise entkulturalisiert die Mitglieder ebendieser. Die Unterklasse ist sich dieses Umstandes bewusst und entwickelt ein negatives Klassenbewusstsein. Die Gesellschaft ist geprägt vom Paternoster-Effekt, der die Bewegung und das Verhältnis der Klassen beschreibt: Das kulturelle Kapital ist der Motor der gesellschaftlichen Bewegung und Grund für einen sozialen Auf- oder Abstieg (vgl. Reckwitz, 2017, S. 220ff.).

Erfolgreiche Selbstverwirklichung

Der Lebensstil der Individuen in der Spätmoderne hängt von der Klassenzugehörigkeit ab. Die Mitglieder der neuen Mittelklasse verfügen über hohes Selbstbewusstsein und fühlen sich legitimiert, sich selbst zu verwirklichen. Hierfür valorisieren und kulturalisieren sie ihren Alltag und die damit verbundenen Praktiken. Ziel ist es, Lebensqualität, statt wie für die Moderne charakteristisch, Lebensstandard zu erreichen. Sie streben nach Singularitäten, die sie in ihrer Rolle als Kurator zusammenstellen und sich schlussendlich über den Weg der Valorisierung der konsumierten Güter selbst singularisieren. Sie bedienen sich hierfür an der Hyperkultur und lösen sämtliche Grenzen, wie beispielsweise die zwischen Populär- und Hochkultur auf. Weiterhin investiert das Individuum der neuen Mittelklasse fortlaufend in seinen sozialen Status und das damit verbundene Kapital nach Bourdieu. Die wichtigste Rolle spielt jedoch – wie bei Erläuterung der drei Klassen bereits deutlich wurde – das kulturelle Kapital, was als Voraussetzung für die Kulturalisierungs- und Singularisierungsprozesse gesehen werden kann (vgl. Reckwitz, 2017, S. 290ff.).

Die Arbeit, die in der Ökonomie der Spätmoderne geleistet wird, setzt eine Performanz voraus: Berufstätige benötigen ein außergewöhnliches Profil, das dazu beiträgt, das Publikum – außerhalb und innerhalb des eigenen Teams – zu affizieren. Formale Qualifikationen sind weniger wichtig als in der Moderne. Das arbeitende Individuum singularisiert sich einerseits selbst, andererseits wird es fremdsingularisiert. Arbeit ist ein wesentliches Mittel zur erfolgreichen Selbstverwirklichung, also der Befriedigung von inneren Bedürfnissen und der Valorisierung ebendieser Prozesse von außen. Die Entlohnung und die damit verbundene Erhöhung des ökonomischen Kapitals sind zweitrangig. Die beschriebenen Eigenschaften der Arbeit treffen vorrangig auf die neue Mittelklasse zu. Die alte Mittelklasse arbeitet vor allem, um Geld zu verdienen und den angestrebten Lebensstandard zu halten. Die Unterklasse arbeitet meist in der service class oder bezieht staatliche Leistungen (vgl. Reckwitz, 2017, S. 181ff.).

 

Arbeit als instrument zur Selbstverwirklichung

Im Hinblick auf die Forschungsfrage ergibt sich, dass Individuen in einer kommunistischen Gesellschaft bei Marx eine kollektivistische Bedeutung innehaben. Sie verwirklichen durch Arbeit nicht nur sich selbst, sondern auch ihr Gattungswesen. Durch den Kapitalismus und die damit verbundene Arbeitsteilung und Entfremdung der Individuen erhalten die Gesellschaftsmitglieder jedoch eine rein ökonomische Bedeutung, nämlich die eines Kapital akkumulierenden Kapitalisten oder die eines Mehrwert erzeugenden, ausgebeuteten Proletariers. Reckwitz hingegen betont die im Individuum ablaufenden Prozesse im Zusammenhang mit der Selbstverwirklichung und die Valorisierung von außen. Der Einzelne kuratiert seinen Alltag und versucht dadurch, sich selbst zu verwirklichen. Die Zusprechung eines kulturellen Wertes ist individuell und liegt im Auge des Betrachters. Das universelle Menschenbild Marx’ beziehungsweise das entfremdete Wesen des Kapitalismus, das durch Arbeit entsteht, wurde in der Spätmoderne abgelöst.

Im Kontext der beruflichen Tätigkeit wird deutlich, dass Marx die Arbeit als unerlässliches Mittel zur Selbstverwirklichung beschreibt. Durch die Arbeit bejahen sich die Mitglieder der Gesellschaft gegenseitig und verwirklichen ihr Gattungswesen. Im Kapitalismus wird die Arbeit zum Zwang und sowohl durch Kapitalisten als auch Proletarier entfremdet. In Reckwitz’ Gesellschaftsanalyse ist die berufliche Tätigkeit vor allem in der neuen Mittelklasse ein Instrument zur Selbstverwirklichung. Die dort stattfindenden Valorisierungen sind Teil der erfolgreichen Selbstverwirklichung. In der alten Mittelklasse ist die Arbeit Mittel zum Zweck der finanziellen Sicherheit, in der Unterklasse ist die Arbeit – falls vorhanden – Instrument zur Existenzsicherung. Da in der Unterklasse eher einfache Arbeiten ausgeführt werden, werden Parallelen zum Proletariat deutlich: Die Unterklasse verkauft ihre Arbeitskraft und erhält klare Handlungsanweisungen vom Arbeitgeber. Die alte Mittelklasse empfindet ihre ebenfalls eher standardisierte Arbeit als Faktor der Sicherheit. Es lässt sich also feststellen, dass die Arbeit der neuen Mittelklasse mit dem immer noch vorherrschenden Kapitalismus in keinem Widerspruch steht und Selbstverwirklichung ermöglicht. In der alten Mittelklasse und der Unterklasse können die genannten Merkmale der Entfremdung bei Marx als noch vorhanden bewertet werden. Für die alte Mittelklasse ist dies jedoch eher eine Eigenschaft, die Sicherheit und Lebensstandard verspricht. Für die neue Unterklasse hat die Arbeit eine rein zweckbezogene Bedeutung. Arbeit besitzt in der Spätmoderne also eine vom Individuum abhängige Bedeutung. Die zweckbezogene Bedeutung der Arbeit in der Industriegesellschaft wurde abgelöst.

Der Preis ist nicht mehr heiß

Im Hinblick auf Konsumgüter wird bei Marx deutlich, dass der Tauschwert, also die im Gut enthaltene Arbeitszeit, maßgeblich die Bedeutung der Dinge beeinflusst. Mit dem Warenfetisch deutet Marx lediglich an, dass die Güter eine weitere, im sozialen Kontext entstehende Bedeutung, haben. Reckwitz hingegen fokussiert sich auf den kulturellen Wert eines Gutes und thematisiert den Tauschwert kaum. Güter erhalten durch das konsumierende Individuum eine Bedeutung, die dann durch Dritte bestätigt wird. Funktionale Güter spielen in der Spätmoderne eine kleinere Rolle als noch in der Industriegesellschaft, was zur Expansion von kulturellen Gütern und Werten führt. Die Produzenten der Güter können lediglich Angebote beziehungsweise Güter schaffen, die den genannten kulturellen und singulären Kriterien entsprechen. Ob das Gut vom Kurator der Spätmoderne valorisiert wird, ist nur schwer kalkulierbar. Die Entstehung einer Bedeutung findet bei Reckwitz also hauptsächlich auf der Seite der Konsumenten statt. Waren sind in der Spätmoderne folglich vielschichtiger aufgeladen als noch in der Industriegesellschaft. Es lassen sich keine universellen Bedeutungen mehr feststellen.

Im Zusammenhang mit den konsumierten, kulturellen Gütern in der Spätmoderne, kann festgestellt werden, dass sich beispielsweise ethische Qualitäten eines Gutes auf den Konsumierenden übertragen und er folglich als ethisch handelnder Mensch wahrgenommen wird beziehungsweise sich selbst als solcher wahrnimmt. Marx hingegen geht davon aus, dass im Kapitalismus ökonomische Handlungsabsichten im Vordergrund stehen, wie zum Beispiel Sparsamkeit. Moralische Tugenden werden von Individuen kaum mehr beachtet. In der Spätmoderne scheint dies nicht mehr der Fall zu sein: Vor allem die neue Mittelklasse konsumiert bewusst Güter, die Werte und moralische Eigenschaften innehaben, um von sich selbst und Anderen als moralisch wahrgenommen zu werden.

Bildung als gesellschaftlicher Sprengstoff?

Insgesamt kann festgestellt werden, dass es in der Spätmoderne grundsätzlich keine universellen Bedeutungen mehr gibt: Weder die Individuen, noch die Arbeit, noch konsumierte Güter erhalten eine allgemeingültige, klassenübergreifende Bedeutung. Die Bedeutung der Dinge ist immer auch von der Klassenzugehörigkeit abhängig. Innerhalb der neuen Mittelklasse laufen komplexe Prozesse der Singularisierung und Kulturalisierung auf der Seite der Individuen ab. Die Bedeutung liegt zunächst im Auge des Betrachters und wird anschließend durch das Publikum valorisiert und bestätigt. Weiterhin ist die Entvalorisierung der alten Mittelklasse und Unterklasse prägend: die neue Mittelklasse generiert Bedeutungen, die durch fehlendes kulturelles Kapital in den der alten Mittelklasse und Unterklasse nicht wirken können. Die Folge ist ein für die neue Mittelklasse defizitär erscheinender Lebensstil.  Bei Marx erhalten die Dinge grundsätzlich eine ökonomische Bedeutung, die für beide Klassen universell gültig ist.

Illusion der Singularitäten

Kritisch zu beachten ist der illusorische Charakter von Singularitäten. Das ständige Streben nach Singularitäten und kulturellen Qualitäten, führt dazu, dass Individuen und ihre Praktiken zunächst als einmalig und originell erscheinen. Hebt man dies auf eine Metaebene, muss darauf hingewiesen werden, dass die Individuen mit ihren individuellen Bedeutungszuschreibungen durchaus ein verbindendes Element haben, das sie vereint: das Streben nach kultureller und singulärer Qualität. Das Ergebnis dessen ist zwar, dass jegliches Ding besonders und singulär scheint. Letztlich sind die Dinge im Kern aber gleich, nämlich Ausdruck des bedeutungszuschreibenden, nach erfolgreicher Selbstverwirklichung strebenden Individuums, das sich von anderen unterscheiden möchte. Lediglich das nach außen Offensichtliche ist andersartig und nicht vergleichbar.

Weiterhin fällt auf, dass das moralische Handeln und die Selbstverwirklichung im Vergleich zur Industriegesellschaft in keinem Widerspruch mehr mit dem Kapitalismus stehen. Individuen konsumieren wertaufgeladene Güter und stellen somit eine moralische Autorität dar. Diese Bewegung der Spätmoderne kann dazu führen, dass die Gesellschaftsmitglieder den Konsum dazu nutzen, sich selbst ethisch agierend zu erleben und von außen analog dazu wahrgenommen werden. Es ist jedoch in Frage zu stellen, ob die Konsumenten dies bewusst tun und welche Absichten hinter diesem Verhalten steht. Denkbar wäre, dass der Konsum für Konsumenten eine Möglichkeit der Komplexitätsreduktion darstellt, um den Umgang mit Problemen und Herausforderungen zu erleichtern und das Gefühl zu erhalten, einen verantwortungsvollen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

Da der vorliegende Beitrag auf eine empirische Forschung verzichtet, steht eine quantitative oder qualitative Erforschung und Überprüfung der Ergebnisse aus. Beispielsweise wäre eine Forschung hinsichtlich der psychologischen Faktoren sinnvoll: Warum streben die Individuen nach erfolgreicher Selbstverwirklichung und sind sie sich über den illusorischen Charakter bewusst? Es gilt zu analysieren, inwiefern die neue Mittelklasse sich über ihre Rolle als Bedeutungsgenerator und die damit verbundenen Folgen bewusst ist.

Des Weiteren ist anzumerken, dass die zugrundeliegende Literatur zwei Autoren umfasst. Eine Analyse von weiteren Theorien im Hinblick auf die Bedeutung der Dinge ist zu empfehlen, um einen noch umfassenderen Blick auf die vorliegende Thematik zu erhalten.

Fazit

Abschließend kann festgestellt werden, dass die Forschungsfrage durch die Analyse der beiden Theorien umfassend beantwortet werden kann. Die Veränderung der Bedeutung der Dinge seit der Industriegesellschaft ist nicht für alle analysierten Ebenen ähnlich tiefgreifend. Individuen haben in der Gesellschaft nach Reckwitz keine kollektivistische Bedeutung mehr, sondern streben klassenabhängig nach unterschiedlichen Zielen. Die Arbeit und die damit verbundene marxsche Entfremdung ist vor allem in der Unterklasse immer noch ein aktuelles Phänomen, das von den Individuen als negativ wahrgenommen wird. Die alte Mittelklasse empfindet ihren Grad an Entfremdung als Sicherheit und Mittel, um den angestrebten Lebensstandard zu erreichen sowie zu halten. Konsumgüter sind in der Spätmoderne kulturell aufgeladen. Funktionale Güter sind zwar noch Gegenstand der Ökonomie, jedoch in einem geringeren Maße als zuvor. Dadurch entstehen Valorisierungs- und Singularisierungsprozesse, in denen die Bedeutung der Dinge entsteht. In der marxschen Theorie waren Konsumgüter vor allem durch ihren Tauschwert, also die darin enthaltene Arbeitszeit, definiert. Eine soziale Bedeutung wird mit dem Warenfetisch zwar bereits von Marx angedeutet, jedoch nicht ausreichend konkretisiert. In der Spätmoderne hat sich dies mit Reckwitz’ Analyse umgekehrt: Der Tauschwert beziehungsweise Preis ist kaum mehr Gegenstand der gesellschaftlichen Analyse, vielmehr scheint der kulturelle, soziale Wert der Güter als entscheidend.

Mit Blick in die Zukunft kann festgestellt werden, dass die klassenabhängigen Bedeutungen zum Auseinanderdriften der Gesellschaft führen. Es gilt zu untersuchen, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Kluft zwischen den Klassen zu verkleinern. Bedeutungen, die klassenübergreifend wirken, können die gegenseitige Wahrnehmung verbessern beziehungsweise die erläuterte Illusion der Singularitäten auflösen. Ein gemeinsamer Nenner möglichst vieler Gesellschaftsmitglieder kann dazu beitragen, Verständnis für den Lebensstil anderer aufzubringen und Zusammenhänge zwischen dem eigenen Verhalten und gesellschaftlichen Prozessen zu erkennen. Die klassenabhängigen Bedeutungen führen schon jetzt zu extremen politischen Bewegungen, die durch das Gefühl der Abgehängtheit der Unterklasse und alten Mittelklasse einen Aufschwung erleben. Nur durch Auflösung der strikten Trennung der Klassen können klassenübergreifende Bedeutungen entstehen, die dazu beitragen, politische Diskussionen zielführend und demokratisch zu lösen. Klassenabhängige Bedeutungen lassen keine Lösungen zu, die von der gesamten Gesellschaft als Kompromiss verstanden werden.

 

Literaturverzeichnis

Blumer, H. (2013).
Symbolischer Interaktionismus. Aufsätze zu einer Wissenschaft der Interpretation. Berlin.

Marx, K. (1962).
Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals. Karl Marx – Friedrich Engels – Werke, 23.

Marx, K., & Engels, F. (1972).
Manifest der Kommunistischen Partei (Bd. 4). Berlin/DDR.

Reckwitz, A. (2017).
Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne. Berlin: Suhrkamp.

Trentmann, F. (2016).
Die Herrschaft der Dinge. Die Geschichte des Konsums vom 15. Jahrhundert bis heute. München: Random House.

 

Hier gibt’s die PDF-Version des Fachartikels