Katharina Jacobi: Die Inszenierung des Political Animal

Die Inszenierung entwickelt seit Jahren eine relevantere Position in der politischen Kommunikation. Dieser Beitrag soll die Ausprägungen, Möglichkeiten und Auswirkungen der politischen Inszenierung auf die politische Kommunikation aufzeigen und bewerten. Dazu wird der Grundgedanke der Demokratie anhand wesentlicher Demokratiemodelle und –theorien untersucht – diese sollen einen fundierten Überblick über die Entwicklung, Nutzung und Vielfalt der Inszenierung in der politischen Kommunikation geben. Die Einflüsse der modernen Gesellschaft auf diese Modelle werden untersucht, die Wichtigkeit verschiedener Faktoren in der politischen Inszenierung soll geklärt und beschrieben werden. Insbesondere wird der Wähler untersucht, seine Einstellung gegenüber der Politik allgemein, gegenüber Politikern und zur politischen Inszenierung. Letztendlich liegt das Gelingen der Demokratie an beiden Parteien, nicht an einer einseitigen Betrachtung. Somit lautet die Frage: Welche Relevanz hat die Inszenierung in der politischen Kommunikation? 

Der neue Präsident der Vereinigten Staaten, Donald Trump, inszeniert sich als starker Führer der kleinen Leute, und das am Liebsten auf Twitter. Willy Brandt inszenierte den Kniefall von Warschau als diplomatische Brücke zu Polen, Konrad Adenauer und Charles de Gaulle inszenierten die deutsch-französische Freundschaft durch eine Umarmung, Vladimir Putin inszeniert sich als starker alleiniger Führer Russlands. Und Angela Merkel scheint sich überhaupt nicht zu inszenieren. Welche Formen, welche Spielarten und Dimensionen von politischer Inszenierung (ganz besonders einzelner Personen) präsentiert werden, sagt viel aus; über die Politiker, die Politik und nicht zuletzt die Wähler. Eine Untersuchung der politischen Inszenierung soll diese drei Aspekte der Demokratie beleuchten, und so Klarheit schaffen über die Dynamiken zwischen Politik und Wähler. Auch der Begriff der politischen Inszenierung muss genauer beleuchtet werden, gilt er doch als ein negativ behafteter Begriff in der Politik.

Spätestens seit der Einführung des Fernsehers in Deutschland in der Mitte der 1950er Jahre ist die Inszenierung einzelner Personen nicht mehr aus der politischen Kommunikation wegzudenken. Seither zählen nicht nur Inhalte, sondern auch die Person des Politikers, sein Auftritt und sein Charisma. Mit der Einführung sozialen Medien steht nicht mehr nur die Kompetenz und das Auftreten des Politikers im Fokus, sondern auch die Privatperson, der „Mensch“ hinter dem Amt. Diese Einblicke leisten nun einen entscheidenden Beitrag in der politischen Kommunikation, sowohl beim Alltaggeschäft als auch in der heißen Phase des Wahlkampfes. Verschiedene Medien bedeuten verschiedene Spielarten der Kommunikation, verschiedene Rezipienten und damit auch verbunden verschiedene Facetten eines Politikers. Auch das Bundesverfassungsgericht bezieht einen klaren Standpunkt zu den Entwicklungen der politischen Kommunikation in Bezug auf die politische Meinungsbildung durch die Personalisierung von Politikern: „Auch in unterhaltenden Beiträgen findet Meinungsbildung statt. Sie können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen oder beeinflussen als ausschließlich sachbezogene Informationen. Zudem lässt sich im Medienwesen eine wachsende Tendenz beobachten, die Trennung von Information und Unterhaltung sowohl hinsichtlich eines Presseerzeugnisses insgesamt als auch in den einzelnen Beiträgen aufzuheben und Information in unterhaltender Form zu verbreiten oder mit Unterhaltung zu vermengen (‚Infotainment’).“ (BVerfGE, Urt. v. 15.12.1999, 101, S. 389 ff.)

Es hat sich ebenfalls gezeigt, dass die Inszenierung einzelner Politiker in der Literatur als relativ neues Phänomen aufgegriffen wird; häufig wird die Benachteiligung politischer Inhalte zugunsten der Politikerinszenierung konstatiert. Diese Aussagen setzen voraus, dass es zu einem früheren Zeitpunkt eine Inszenierung von Politik gab, welche von der jetzigen stark abweicht. Entsprechend muss es eine langwierige Entwicklung gegeben haben, die zu der momentanen politischen Kommunikation führte.

Der politischen Kommunikation bieten sich nie dagewesene Möglichkeiten einzelne Politiker oder Personengruppen darzustellen, zu vermarkten und zu inszenieren. Wie einem Produkt wird einem Politiker eine Corporate Identity und ein dazu passendes Corporate Design verliehen, es soll eine möglichst scharfe Abtrennung zur Konkurrenz stattfinden um die eigene Zielgruppe Wähler erreichen zu können. In Zeiten sich angleichender Parteiprogramme und Interessensaggregation bei den Wählern scheint dies die Möglichkeit zu sein, der eigenen Partei durch den eigenen Spitzenkandidaten ein Gesicht und eine Stimme zu verschaffen. Somit stellt sich die Frage: Welche Relevanz hat die politische Inszenierung?

Inszenierung von Politik(ern)

Davon ausgehend, dass die Inszenierung die Politik ausmacht, stellt sich die Frage, was die Inszenierung ausmacht. Die Spielarten und Ausprägung der politischen Inszenierung mögen ein weites Feld sein, die Inszenierung an sich ist jedoch schnell erläutert. Die Rahmenbedingungen einer Inszenierung setzen voraus, dass ein Gedanke oder eine Person der breiten Masse auf eine bestimmte Art zugänglich gemacht werden muss. So schrieb schon 1928 Edward Bernays, in der modernen Gesellschaftsstruktur „kann kein größeres Vorhaben ohne öffentliche Zustimmung gelingen. Auch eine lobenswerte Unternehmung ist zum Scheitern verurteilt, wenn sie sich der Öffentlichkeit nicht mitteilt“ (Bernays 1928, S.32). Nach Depenheuer hat die Politik mit den Unterhaltungsressorts „um Aufmerksamkeit zu kämpfen“ (Depenheuer 2002, S. 84); dies habe zur Folge, dass die Politik sich genötigt sehe, sich auf einzelne Personen zu fokussieren, deren Aufgabe es denn sei in kurzen, pointierten Zügen die Partei, das politische Programm sowie die geforderte Sachkompetenz zu repräsentieren. Dies sei die einzige Art, die knappe Aufmerksamkeit des Rezipienten zu überwinden und politisch meinungsbildend zu agieren. Somit wäre kein rationaler politischer Überblick mehr geboten, sondern ein emotionales Zerrbild von politischen Akteuren, welches die politische Berichterstattung in eine Vorder- und Hinterbühne unterteile; vor dem Hintergrund politischer Debatten und Parteitagen würden Politiker eine selektierte Darstellung der Politik präsentieren, während in der Hinterbühne die „tatsächliche“ Politik betrieben werde (vgl. Schicha 2009, S. 57).

Die letztendliche Art der Inszenierung ist nicht nur abhängig von der zu inszenierenden Materie (seien es nun politische Inhalte oder Personen), sondern auch von dem zu erreichenden Publikum. Die mittlerweile etablierten neuen Medien ermöglichen dem Kommunikator einen ungefilterten Zugang zu der präferierten Wählerschaft, Zielgruppenkreise können stärker eingegrenzt und besser angesprochen werden. Somit stehen die sozialen Medien „für neue Formen des Informationsaustauschs, der Selbstdarstellung, des Beziehungsaufbaus, der kollaborativen Zusammenarbeit und interpersonalen Kommunikation“ (Griesbaum 2009, S. 12). In der politischen Kommunikation ist es nun möglich, die klassischen Medien als kommentierende und meinungsbildende Mittler zu umgehen und die Wähler direkt anzusprechen.

Die einfachste Art der Generierung von Aufmerksamkeit und der Wählerbindung in der schnelllebigen Gesellschaft ist die Personalisierung der Sachverhalte. Durch die Personalisierung wird es möglich gemacht, die komplexen politischen Sachverhalte auf ein für den Bürger verständliches Maß zu reduzieren und diese mit einem Kandidaten der Partei zu verknüpfen: „Die Personalisierung der Politik bedeutet, dass die komplexe, von vielfältigen Motivationen und Einstellungen geprägte Wahlentscheidung reduziert wird auf die alternative Entscheidung zwischen Spitzenkandidaten. Die Person des Spitzenkandidaten wird zum Deutungsmuster komplexer politischer Tatbestände“ (Kaltefleiter 1981, S. 296)

Das emotionale Identifikationspotential eines Wählers mit dem Politiker soll es ermöglichen, der Wahlentscheidung die rationale Komplexität zu nehmen und sie aufgrund einer emotionalen Sympathie für einen Politiker zu fällen. Unter der Personalisierung der Inhalte wird also verstanden, „dass politische Programme und Ziele aufs intensivste mit zentralen politischen Rolleninhabern in Verbindung gebracht, auf sie reduziert werden, und damit Politik langfristig auf Personen verkürzt wird“ (Kaase 1986, S. 365). Hauptkritikpunkt an der Personalisierungsstrategie der Parteien ist der langfristige Verlust von politischen Inhalten, da diese durch die politischen Akteure zunehmend verdrängt werden (vgl. Hans 2017, S. 263). Verschiedene Studien belegen jedoch, dass die Personalisierung von Politikern keinen Einfluss auf das letztendliche Wahlverhalten der Bürger hat, Issues (Sachfragen) werden von den Wählern tatsächlich höher bewertet als das Image der Politiker, welches diese repräsentieren. Dennoch sei der Einfluss des Persönlichen auf die Entscheidungen der Wähler nicht zu unterschätzen, diese subjektiven Einschätzungen könnten durchaus den Rahmen einer Wahlentscheidung bilden. (vgl. u.a. Brettschneider 2002, S. 207 f).

Ziel einer Personalisierung in der Politik ist also sowohl die Komplexitätsreduktion der politischen Inhalte, als auch die „Kontaktmöglichkeit zum politikfernen Publikum“ (Dörner et. al. 2015, S. 12) zu nutzen. Denn jede Wählerschaft, ob politisch versiert oder apathisch muss Vertrauen in die Partei und den politischen Akteur setzen. Die Personalisierung ermöglicht ein zweistufiges Konzept der Bindung des Wählers an eine Partei: Vertrauen in den politischen Sektor lässt sich in zwei Posten untergliedern, einmal das personale Vertrauen in eine Einzelperson, aus welchem im zweiten Schritt das generalisierte Vertrauen in eine Partei generiert wird (vgl. Braun 2013, S.42). Vertrauen in die Politik generell wird von Haschke als „eine Interaktionsbeziehung mindestens zweier Akteure […], bei der ein Akteur unter der Bedingung von Ungewissheit oder Unsicherheit seine Kontrolle über Ereignisse, Handlungen und Ressourcen an einen anderen Akteur abgibt, in der positiven Erwartung, dass er durch ihn nicht enttäuscht wird“ (Haschke 2016, S. 23) definiert. Hans sieht die Politiker als die „natürlichen Zugangspunkte“ (Hans 2017, S. 380) zur Politik an, durch die Personifizierung ist es dem Bürger möglich schneller Vertrauen zu einer Partei zu fassen. Die Vertrauensbildung durch Selbstinszenierung ist jedoch nicht mit der Wahl in ein bestimmtes Amt abgeschlossen; sie ist ein ständiger Prozess der Begutachtung durch den Wähler, welchem sich politische Akteure unterwerfen müssen. Ansonsten würden sie spätestens bei der nächsten Wahl die Folgen der fehlenden Vertrauensbildung zu spüren bekommen.

Personalisierung von Politikern stellt also ein bedeutendes Mittel in der politischen Kommunikation dar, um Sympathien und Vertrauen der Wähler zu gewinnen, somit die Tücken des institutionellen Vertrauens zu umgehen und ein relationales Vertrauen zwischen Bürger und politischem Akteur aufzubauen. Daraus lässt sich schließen, dass die Personalisierung und Intimisierung von Einzelpersonen auf dem politischen Parkett weiterhin zunehmen wird, sei es nun im Zuge der Vertrauensbildung, Machterhaltung oder schlicht als Komplexitätsreduktionsmaßnahme für den Wähler: „Politische Akteure wollen somit die Bevölkerung durch ihre Selbstinszenierung von ihrem Vorhaben überzeugen, Vertrauen aufbauen, sowie die parlamentarische Diskussion beeinflussen und üben damit kommunikativ Macht auf sie aus“ (Kronauer 2015, S. 57).

Die Grundgedanken der Demokratie – Auslegungssache?

Allein der Ausdruck politische Inszenierung ruft in den meisten Fällen eine eher negative Konnotation hervor. Viele politische Theorien und Modelle sehen den Vorteil der Demokratie im Austausch der Bürger, der Grundgedanke einer Darstellung Einzelner stört in diesen Modellen das Gleichgewicht des Diskurses. Im Folgenden werden insgesamt vier Demokratiemodelle vorgestellt; der Diskurs und die aktive Mitgestaltung der Bürger (und damit Wähler) wird häufig als Konzeption eines demokratischen Staates verstanden.

Gemeinschaftlich geteilte Werte nach John Rawls und Michael J. Sandel

John Rawls und Michael J. Sandel sehen in der demokratischen Gesellschaft nur ein Vorankommen: ein ständiger Austausch zwischen den Bürgern soll die Basis einer Gemeinschaft bilden, Gerechtigkeit ist das zu diskutierende Thema. Rawls schlägt den Schleier des Nichtwissens vor. Ohne Hintergrundwissen über den eigenen Status im Leben sollen die Mitglieder einer Gemeinschaft Regeln festlegen, nach welchen die Gemeinschaft funktionieren soll. Durch die Unwissenheit über die eigene Stellung wolle sich somit jeder absichern und eine möglichst gerechte Gesellschaft erschaffen. Die Gerechtigkeit ist somit die Grundvoraussetzung für eine funktionierende Gemeinschaft, „die erste Tugend sozialer Institutionen“ (Rawls 1979, S. 19). Durch die vorherige Festlegung der Grundlinien der Gesellschaft kann diese nur durch die Kommunikation innerhalb der Gemeinschaft erfolgen (vgl. Rommerskirchen 2015, S. 128 ff).

In der Weiterentwicklung des Models sieht Sandel das Streben nach Gerechtigkeit als Ziel der Gesellschaft, nicht als Voraussetzung. Jedoch ist auch er der Ansicht, dass nur ein stetiger Diskurs innerhalb der Gemeinschaft es ermöglicht das von ihm gewünschte gute Leben zu gewährleisten. Ziel ist es auch hier – wenn auch unter anderen Vorzeichen als bei Rawls – das „die Menschen einen Diskurs über die Grundlagen ihrer Gemeinschaft führen“ (Rommerskirchen 2015, S. 163). Diese Art der Demokratie und der gesellschaftlichen Regelungen kommt also ganz ohne Führungspersönlichkeiten aus, sie stützt sich ganz auf die basisdemokratische Annahme eines großen gesellschaftlichen Diskurses. Nur durch diesen könne eine „lebendige, optimistische Demokratie mit Mut zu Experimenten“ (Bohmann/Rosa 2012, S. 148) entstehen, welche für Sandel das Ideal einer demokratischen Regierungsform ist.

Der demokratische Diskurs Jürgen Habermas’

Jürgen Habermas ist ebenfalls in die Diskursethik einzuordnen. Grundvoraussetzung für einen Diskurs ist bei Habermas vor allem das diskursfähige Subjekt, ein kompetenter Diskursteilnehmer. Durch ständigen Austausch wäre es einer Gesellschaft möglich, ständigen Fortschritt und positive oder negative Veränderungen der Geschichte zu erwirken (vgl. Rommerskirchen 2017, S. 291). In seinen Ansichten stütz sich Habermas vor allem auf die Rationalität des Diskursteilnehmers und seinen Argumenten, diese hätten eine „konsenserzielende Kraft“ (Habermas 1973, S. 176), welche das Kernelement des Dialogs ausmache. Im Gegensatz zu der kommunitaristischen Demokratietheorie schlägt Habermas keinen an Etzioni ausgerichteten Megalogue vor; können bei Rawls und Mead alle Bürger am Diskurs teilnehmen, so spricht sich Habermas für „das parlamentarische Prinzip der Einrichtung deliberierender und beschlussfassender Vertretungskörperschaften“ (Habermas 1998, S. 210) aus. In seinem diskursorientierten Modell sollen also gewählte Vertreter die Interessen verschiedener Gruppierungen vertreten, dennoch soll eine kritische Öffentlichkeit ein aktives Interesse an der politischen Partizipation an den Tag legen (vgl. Landwehr 2012, S. 358f). Kerngedanke ist hier, „dass die Adressaten eines Gesetzes in einem sehr unmittelbaren Sinne auch ihre Autoren sein sollten“ (a.a.O., S. 358), ohne die Beteiligung des Volkes ist eine diskursbasierte Regierungsform also ad absurdum geführt.

John Deweys praxisorientierte Philosophie

John Dewey entfernt sich in seinem Modell von den philosophischen Fragen nach dem Guten und dem gerechten Zusammenleben. Der Pragmatismus soll sich der Herausforderung der schnelllebigen Welt stellen; Grundvoraussetzung dafür sei die Rückkopplung von Politik und Praxis, sodass beurteilt werden können, inwiefern (soziale) Ressourcen genutzt werden können „um in die Aktivitäten und Interessen des menschlichen Lebens Ordnung und Sicherheit zu bringen“ (Dewey 1989, S. 37). Den Bürger selbst beschreibt Dewey als einen naiven Politikteilnehmer, dessen Entscheidungen irrational seien und schwerwiegende Folgen nach sich ziehen könnten. Die Komplexität der Politik übersteige „die zeitlichen und intellektuellen Ressourcen des gewöhnlichen Bürgers“ (Selk/Jörke 2012, S. 259) um ein Vielfaches, somit sei Politik nicht mehr nebenbei in einem bürgerlichen Diskurs zu praktizieren. Der Diskurs sollte also auf eine professionellere Ebene gehoben und von ethischen und philosophischen Fragen weitestgehend losgelöst geführt werden, Hauptthema sollten kapitalistische und ökonomische Belange der Gesellschaft sein. Die Lösung der gesellschaftlichen Probleme sei somit die „gemeinsame, gemeinschaftsbildende Kommunikation“ (a.a.O., S. 264), Grundvoraussetzung sei auch hier eine politische Expertise aller am Diskurs beteiligten. Dewey sieht die Demokratie nicht als mögliche Regierungsform, sondern als „Idee des Gemeinschaftslebens selbst“ (Dewey 1996, S. 129).

Die oligarchische Elitendemokratie nach Joseph Schumpeter

Gary S. Schaal bezeichnet Schumpeters Modell der Elitendemokratie als „Oligarchie“ (Schaal 2012, S. 445), als eine Herrschaft der Wenigen. Die Elitendemokratie stützt sich auf fünf Annahmen: Dem Bürger wird nur wenig Partizipationsfreiraum geboten, dies rühre aus einer mangelnden Bildung und der fehlenden politischen Kompetenz des Bürgers. Dies setzt die Existenz der politischen (gebildeten) Eliten voraus, welche ein entsprechend hohes Maß an Macht besitzen um die Regierungsgeschäfte erfüllen zu können. Dennoch legitimiere sich die Demokratie über den Bürger, ohne seine Zufriedenheit habe die Demokratie keine Existenzberechtigung (ebd.). Kerngedanke ist also eine Minderheit an „Auserwählten“, welche in der Lage ist sich zu organisieren und intellektuell insofern überlegen ist, als dass sie die politische Leitung der Massen übernehmen kann. Demokratie habe einen Wettbewerbsgedanken zugrunde liegen, durch diesen könne man leistungsfähiges Personal beschaffen; außerdem wären durch diesen Wettkampf Regierungswechsel friedlich, was in anderen Regierungsformen nicht gegeben sei. Er bezieht die Elitendemokratie ebenso auf den Kapitalismus, da dieser auch die „Rationalisierung menschlichen Verhaltens“ (Schumpeter 1987, S. 205) fördere. Die einzige Lösung sei eine realistische Demokratietheorie, welche sich auf konkurrierende politische Eliten stützt, eine diskursgeführte Regierungsform sei aufgrund der ungleichen kognitiven Fähigkeiten und der fehlenden Qualifikation des Volkes eine unmögliche Ausübungsform der Demokratie (vgl. Schumpeter 1965 und Schaal 2012, S. 451ff.).

Die Postdemokratie: Der heutige Stand der Politik?

Colin Crouch selbst beschreibt die Postdemokratie als ein System, in welchem „Wahlen abgehalten werden, Wahlen, die sogar dazu führen, daß Regierungen ihren Abschied nehmen müssen, in dem allerdings konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte während der Wahlkämpfe so stark kontrollieren, daß sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben. Die Mehrheit der Bürger spielt dabei eine passive, schweigende, ja sogar apathische Rolle, sie reagieren nur auf die Signale, die man ihnen gibt. Im Schatten dieser politischen Inszenierung wird die reale Politik hinter verschlossenen Türen gemacht: von gewählten Regierungen und Eliten, die vor allem die Interessen der Wirtschaft vertreten.“ (Crouch 2008, S. 10)

Crouch reiht sich damit mit seinen Ansichten über den jetzigen Stand der Demokratie bei den Vertretern der Elitendemokratie ein, besonderen Wert legt er auf die Darstellung des Bürgers und damit Wählers als einen politikverdrossenen, überforderten und passiven Politikteilnehmer. Er ist überzeugt, dass wir uns in der westlichen Demokratie der Postdemokratie immer weiter annähern. Dies führt er darauf zurück, dass die Politik häufig die Manipulation der Bürger zum Inhalt hat, und sie sich auch unter wechselnden Voraussetzungen immer wieder neu darauf einstellt, diese Steuerung der Massen durchzuführen. Der Bürger auf der anderen Seite sei schnell gelangweilt und von den Problemen des Alltags überwältigt, so dass er seine politischen Illusionen verlieren und die Steuerung unreflektiert hinnehmen würde. Dies führt zu einer politischen Apathie, die darin gipfelt, dass viele Bürger nicht einmal mehr zur Wahl gehen (vgl. ebd., S. 10ff.).

Die Postdemokratie an sich trage laut Claudia Ritzi vier Merkmale: Erstens bleibt die äußerliche Form der Demokratie gewahrt, ohne Blick ins Innenleben der Politik wird sie vom Bürger als intakt erachtet. Zweitens verlieren Parteipolitik und Wahlkampf die inhaltliche Basis, dieser Verlust soll über Personalisierungsstrategien ausgeglichen werden. Dadurch entwickelt sich die Kommunikation zwischen Politik und Bürger in Richtung der Unternehmenskommunikation, wie sie im wirtschaftlichen Sektor praktiziert wird. Der Firmencharakter der Parteien wird auch im dritten Punkt unterstrichen: Politische Inhalte sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft; damit ist der Erfüllung ökonomischer Aufträge Teil der Politik geworden. Der letzte Punkt wird von Ritzi als „Scheindemokratie, im institutionellen Gehäuse einer vollwertigen Demokratie“ (Ritzi 2014, S. 17) bezeichnet. Die demokratische Selektion von Themen und Politikern sei dem Bürger hierbei nicht möglich, einziges Mittel sei die Sanktion für Politiker und Parteien.

Die in Punkt drei beschriebene Ökonomisierung der Politik durch die Wirtschaft verändert die politische Kommunikation in der Postdemokratie nachhaltig. Lobbyarbeit wird von den Unternehmen als Investition gesehen, Bürgerinitiativen und Interessensgruppen würden von den professionellen Wirtschaftslobbys ausgebotet (vgl. Crouch 2008, S.28). Crouch führt auch das auf die mangelnde Partizipation der Wahlberechtigten, sowie den fehlenden Einsatz der Politiker zurück: „Je mehr sich der Staat aus der Fürsorge für das Leben der normalen Menschen zurückzieht und zuläßt, daß diese in Apathie versinken, desto leichter können Wirtschaftsverbände ihn – mehr oder minder unbemerkt – zu einem Selbstbedienungsladen machen“ (a.a.O., S.29f.).

Dieser Maschinerie hat sich auch die Rolle des Politikers angepasst. Diese nehme eine unattraktive, beinahe unterwürfige Position an. Dies führe dazu, dass Techniken der politischen Manipulation angewendet würden, um die Meinung der Öffentlichkeit zu ermitteln, ohne dass die Bürger sich dagegen wehren könnten. Dazu würden die Methoden des Showbusiness und des Marketings genutzt. Durch die Übernahme der Techniken aus dem Marketing sieht die Politik von einem Dialog mit den Wählern ab, der Politiker hat sich auf das Aussenden von knappen „Werbebotschaften“ verlegt, die darauf abzielen den Empfänger zu einem bestimmten Verhalten zu überreden. Der Bürger sei aufgrund seiner mangelnden politischen Kompetenz für solche Maßnahmen empfänglich und wollte nur die eigenen, banalen Interessen in der Politik thematisiert sehen.

Der Politiker und die Wähler seien also Firma und Kunde. Dies verändert die Art der politischen Kommunikation. Das Primärziel einer Firma ist es, Güter oder Dienstleistungen zu verkaufen; in diesem Fall ist die Ware die Politik einer Partei oder ihr Politiker. Entsprechen müssen passende „Marketing-Strategien“ für die politische Kommunikation entwickelt werden, welche sich nahe an der klassischen Unternehmenskommunikation orientieren. Diese sind in individualisierten Inszenierungsstrategien zu verorten, zumeist angelehnt an typische Werbebotschaften. Durch diese soll der Wähler sich aus verschiedenen Chargen des Guts Politik oder Politiker für eine ihm angenehme Variante entscheiden. Crouch selbst bemängelt, dass mit dieser Vorgehensweise der Bürger durch eine emotionalisierte Kampagne zur Wahl überredet und nicht mit rationalen Argumenten überzeugt werden soll. Dennoch sei ein Großteil der Wähler selbst politischen Themen gegenüber desinteressiert, sodass diese Art der Kommunikation die einzige Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit dem politisch apathischen Teil sei könne (vgl. ebd., S. 32 ff.).

Durch diese Gestaltung der politischen Kommunikation ändern sich auch die Parteiinhalte, im Rahmen der Komplexitätsreduktion der Argumente gleichen sich die Themen der unterschiedlichen Parteien immer weiter an, Parteipolitik und Wahlkämpfe verlieren somit an Inhalt. Letztendlich wird weiter verstärkt auf die Personalisierung zurückgegriffen, um über die Kandidaten eine Diversifizierung der einzelnen Parteien zu ermöglichen. Der Politiker wird als Ware angepriesen, für welche sich der Wähler entscheiden soll; dies sei, so Crouch, ein weiteres Indiz für den Firmencharakter der Politik und der Parteien (vgl. a.a.O., S. 29 ff.). Der parteiliche Firmencharakter mache dann die politische Landschaft zu dem genannten „Selbstbedienungsladen“ (a.a.O., S. 29) für den Wirtschaftslobbyismus und führe zu der von ihm bemängelten Kommerzialisierung wohlfahrtsstaatlicher Leistungen, und mache die Politik zu einem ausführenden Organ der Ökonomie (vgl. Ritzi 2017, S. 17).

Als Lösung für das pseudo-demokratische Konstrukt der Postdemokratie sieht der Autor die politische Aufklärung und Partizipation der Bürger, denn nur diese aktiven und das öffentliche Zusammenleben gestaltenden Wähler würden „das wahre Wesen der idealtypischen Demokratie“ (Crouch 2008, S. 140) verkörpern. Weiter führt er aus: „Politisch reife und anspruchsvolle Bürger erwarten von ihren Führern mehr als die devoteren Untertanen früherer Generationen. […] Die Demokratie kann nur dann gedeihen, wenn die Masse der normalen Bürger wirklich die Gelegenheit hat, sich durch Diskussionen und im Rahmen unabhängiger Organisationen aktiv an der Gestaltung des öffentlichen Lebens zu beteiligen – und wenn sie diese Gelegenheit auch aktiv nutzen“ (Crouch 2008, S. 8 f).

Diese Art der aktiven demokratischen Partizipation unterteilt Crouch in zwei sich gegenüberstehende Konzepte: Zunächst das positive Modell des Bürgerstatus, in welchem die Bürger in Interessengruppen ihre Forderungen selbstständig formulieren und an das politische System weiterleiten. Das andere Konzept zielt auf Tadel und Beschwerden ab. Hier ist das Ziel, die Politiker zur Verantwortung zu ziehen und ihre öffentliche und private Integrität zu überprüfen. Diese beiden Konzepte führt Crouch auf die unterschiedlichen Interpretationen der Bürgerrechte zurück; das Recht sich an dem Gemeinwesen zu beteiligen oder das Recht, welches das Individuum gegen den Staat schützt. Diese werden als positive, beziehungsweise negative Rechte bezeichnet. Es ist offensichtlich, dass die Politik beide Arten der Rechte braucht, momentan jedoch scheinen die negativen Rechte die Oberhand zu gewinnen. Crouch führt diese Entwicklung auf eine Aggressivität der Massen zurück, die Politik als Angelegenheiten der Eliten sähen, welche das Volk zur Rechenschaft ziehen könne, sobald etwas nicht den gewünschten Ausgang nimmt.

In Literatur und Presse gibt es einige kritische Stimmen bezüglich des Modells der Postdemokratie. Prien sieht in der Postdemokratisierungsthese drei Probleme: der Begriff Postdemokratisch setze voraus, dass zu einem Zeitpunkt X bereits die Höhe der Demokratie erreicht worden sei, sodass die jetzige politische Lage nach diesem Zeitpunkt einzuordnen sei (vgl. Prien 2017, S. 65.). Offe resümiert, dass in Crouchs Perspektive der Postdemokratie sowohl die Versorgungs- und Chancengleichheit, als auch der „Ethos des öffentlichen Dienstes“ (Offe 2008, S. 37) vernachlässigt würden. Weitere Kritik wird aufgrund fehlender Lösungsvorschläge Crouchs geübt, besonders die Frage betreffend, mit welchen Methoden man Demonstranten und Vertreter globaler Unternehmen an einen Verhandlungstisch bekäme (Scheuerer 2013, o. S.), auch sei Crouch „etwas ratlos, wie man aus der Bredouille kommt“ (Rathgeb 2008, S. 26.). Ein weiterer Kritikpunkt ist „die Annahme der Dichotomie vom Staat als genuin politischer Sphäre einerseits und der Wirtschaft andererseits“ (Sattler 2012, o. S.). Eine Trennung der beiden Umfelder ist in der Praxis nur schwer möglich, ein Austausch zwischen den beiden ist in der Demokratie nicht zu vermeiden.

Kritisch zu betrachten ist auch die Rolle des Bürgers in der Postdemokratie: Er nimmt eine apathische, politisch gesehen eher unwichtige Rolle ein. Auf manche Teile der Bevölkerung mag dies zutreffen, die politische Diskussion im öffentlichen Raum erlahmt. Dennoch ist nicht allen Bürgern zu unterstellen, dass sie sich in der apathischen Rolle des politikverdrossenen Wählers einfinden, besonders in gebildeten gesellschaftlichen Bereichen ist die politische Diskussion und Partizipation nach wie vor präsent. Somit kann das Konzept Postdemokratie auf viele Arten beleuchtet und begutachtet werden, wie in den meisten Theorien bleiben Fragen und Erweiterungsmöglichkeiten offen. Eine Anpassung an verschiedene politische Räume wäre sinnvoll, sowie eine differenziertere Untersuchung der Bürger wünschenswert. Crouch stößt mit vielen Teilen seiner These auf Zustimmung und mit einigen auf Kritik, wobei die Frage nach dem apathischen Bürger wohl die Drängendste ist.

Fazit: Inszenierung und Positionierung

Welche Relevanz hat die Inszenierung in der politischen Kommunikation? Man könnte wohl sagen, es ist eins der wichtigsten Instrument in der Politik, und die Bedeutung wird weiterhin zunehmen. Inszenierung ist ausschlaggebend sowohl bei Politik, als auch bei Politikern. Die bühnengerechte Darstellung von Personen und Inhalten scheinen heute der einzige Weg, die Zustimmung eines teilweise politikfernen und apathischen Publikums zu erlangen. Die Personalisierung von Politikern soll einem Publikum gefallen, welches sich selbst zu sehr in das private, persönliche zurückgezogen hat. Die Komplexitätsreduktion scheint der Politik der einzige Weg zu sein, ihre Wähler zu erreichen und in Zeiten von sinkenden Wahlbeteiligung und Politikverdrossenheit die Grundsätze der Demokratie zu wahren. Die politische Inszenierung ist somit ein Vertrag, den beide Seiten eingegangen sind: Die Politiker erhalten die Möglichkeit, sich nach ihren Vorstellungen zu präsentieren, der Bürger muss sich nicht mit dem politischen Geschehen „strapazieren“.

Doch ist nicht nur der Wähler ausschlaggebend für den Inszenierungstrend: Inszenierung ist Positionierung. Das gilt sowohl für die Politik wie auch für die meisten anderen Bereiche des öffentlichen Lebens, die Relevanz möglichst ausgefallener und extraordinärer Inszenierungsstrategien steigt jedoch im Angesicht immer homogener wirkender Parteiprogramme. Die Inszenierung dient der Demarkierung, Politiker und Parteien wollen sich voneinander abgrenzen um aus der Vielzahl an politischen Berichterstattungen herauszustechen. Somit soll aggressiver, personaler und professioneller inszeniert werden, der eigene Auftritt soll individuell und subjektiv von der eigenen Person abhängig gemacht werden. Die Inszenierung des Ichs dient somit der Inszenierung der Positionierung. Sei es die Ansicht eines Politikers bezüglich einer bestimmten Fragestellung oder die Darstellung einer allgemeinen Haltung, je wichtiger der Politiker desto wichtiger ist eine klare Meinung. Auch hier kommen wieder die Wähler als Publikum ins Spiel: Die Gesellschaft legt die Rahmenbedingungen für diese Positionierungen fest. Sieht man den Wähler als Zielgruppe, so stellt dieser bestimmte Erwartungen an die Politik und die Politiker; die politischen Akteure vor und hinter den Kulissen sind zumeist gut beraten diese Erwartungen auch zu erfüllen. Individualität und Präsentation sind Ausdruck einer Positionierung für bestimmte Wählergruppen, Vertrauen und Verständnis sollen durch eine volksnahe Darstellung aufgebaut werden. „Zielgruppengerechtes“ Agieren und Benehmen sind also die Kerndisziplinen der politischen Inszenierung, es gibt nicht das One Size fits all-Lösungskonzept. Umso wichtiger ist der durch die Sozialen Medien erwachte Austausch zwischen Wähler und Politik; das Publikum bestimmt die Agenda, nach welcher die Politik verfährt. Doch nicht nur die Wähler haben Einfluss auf die Politiker, auch ihre momentane Position ist ausschlaggebend für die Art der Inszenierung. Diese variiert je nach Amt: Opposition und Regierung müssen ihre Präsentation ihrer Aufgabe entsprechend angleichen. Somit bestimmt die aktuelle Lage eines Politikers und einer Partei den Ton; die einen gemäßigt, die anderen angriffslustig muss immer aufs Neue eine Strategie zur Interpretation der eigenen Rolle gefunden werden.

Nun stellt sich die Frage: Wie sieht der Ausweg aus dieser Situation aus? Und braucht es überhaupt einen? Auch wenn politische Inszenierung ein eher negativ konnotierter Begriff ist, so scheint dieses kommunikative Konstrukt doch den Zeitgeist besonders gut zu treffen. An sich ist die Inszenierung in der politischen Kommunikation kein unvorteilhaftes Konzept, schnell und kontrolliert können dem Wähler Inhalte, Personen und Zusammenhänge deutlich gemacht werden; somit ist die Inszenierung ein wichtiges Instrument der politischen Kommunikation geworden. Des Weiteren ist die Politik der wohl öffentlichste und am beste überwachte Sektor des gesellschaftlichen Lebens, die Gefahr des Missbrauchs ist (zumindest in dem demokratischen System Deutschlands) sehr gering. Die Komplexitätsreduzierung der Inszenierung kann somit vor allem in den momentanen politisch schwierigen Zeiten ein elementares Mittel der Kommunikation sein. Eine entbrennende Debatte über die Moral und die Beeinflussung der Wähler würde von vielen Faktoren und Anschauungen geprägt sein, somit ist die moralische Bewertung der Inszenierung eine individuelle Obliegenheit.

Dennoch: Offenkundig entfernen wir uns mit diesem Konzept von Inszenierung, Komplexitätsreduktion und Personalisierung von dem demokratischen Ursprungsgedanken einer Partizipation aller Bürger. Selbstverständliche kann kein kommunitaristischer Dialog nach Rawls oder Sandel mit 81,5 Millionen deutscher Bürger geführt werden; doch auch die hochprofessionalisierte und einseitige Bespielung der Bürger mit politischen Inhalten mit nur minimaler Reaktion der Bürger auf diese Inhalte wird dem demokratischen Grundkonzept nicht gerecht. Doch liegt es hier nicht an der Politik dieses Konzept zu ändern, die Bürger müssen von sich aus die Entscheidung treffen, wieder stärker am politischen Leben zu partizipieren. Es ist nicht Aufgabe der Politik, den Bürger in den demokratischen Diskurs zu drängen, sondern vielmehr die Bildungsangebote und den Raum bereitzustellen um die politische Kompetenz zu fördern und den politischen Meinungsaustausch zu ermöglichen und zu begünstigen. Die parlamentarische Willensbildung einer Gesellschaft ist ein Grundzug der Demokratie, demokratische Legitimation wird nur durch die Akzeptanz in der Gesellschaft erreicht. Akzeptiert die Gesellschaft also eine Regierungsform, welche die Inszenierung von Politik(ern) zum Kern hat, so liegt es auch an ihr diese zu ändern, falls sie der Gemeinschaft nicht mehr zusagt. Die teilweise bestehende politische Apathie und das Desinteresse kann durchaus als stille Zustimmung gewertet werden, die demokratischen Verantwortlichkeiten innerhalb der Gesellschaft liegen in der Teilnahme und Partizipation, spätestens sobald etwas Missfallen oder Zuspruch erregt.

Die politische Inszenierung ist also ein wichtiger Teil der politischen Kommunikation, welcher seiner negativen Konnotation nicht gerecht wird. Angemessen und vorteilhaft eingesetzt dient sie nicht nur der Politik, sondern auch dem Wähler. In einer Zeit politischer Umbrüche ist die Komplexitätsreduktion kein pietätloses Mittel, sondern vielmehr auch eine Möglichkeit dem Bürger politische Entwicklungen zu vermitteln und ihn so am Diskurs teilhaben zu lassen. Es liegt an dem von Habermas beschriebenen diskursfähigen Subjekt diese Möglichkeiten zu nutzen und den demokratischen Grundgedanken eines freien politischen Meinungsaustauschs wieder verstärkt ins Leben zu rufen.

 

Literaturverzeichnis

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