15. Ausgabe: März 2023

Johanna Helene Pekeler: Löst sich der Zusammenhang zwischen dem Habitus und der Marke in der Spätmoderne auf?

In diesem Beitrag wird untersucht, ob der Habitus und einhergehend die Sozialisation und gesellschaftliche Schicht, in der ein Individuum aufwächst und sich bewegt, im gegenwärtigen Zeitalter der Spätmoderne mit dem Markenkauf zusammenhängt. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, wird die Sozialstruktur der westlichen Gesellschaft in der Spätmoderne analysiert. Es wird ein differenzierter Blick auf die jeweilige Beziehung zu Marken innerhalb der Mitglieder dieser Gesellschaft geschaffen. Der Beitrag stellt folgende Forschungsfrage: ‚Löst sich der Zusammenhang zwischen dem Habitus und der Marke in der Spätmoderne auf?‘ Um die Forschungsfrage beantworten zu können, wird ein methodisch literaturbasiertes Vorgehen intendiert. Die Theorie des französischen Soziologen Pierre Bourdieu und daneben die des deutschen Kultursoziologen Andreas Reckwitz bilden den theoretischen Rahmen zur Untersuchung der Forschungsfrage. Zusätzlich zum Aufzeigen der jeweiligen Theorie ist die Darlegung der Position der Autoren in Bezug auf die zu erforschende Frage und die Diskussion dieser Arbeit ausschlaggebend, um diese infolgedessen aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachten, erörtern und ins Kontemporäre übertragen zu können. Bourdieu betont mit seiner Theorie den engen Zusammenhang zwischen der Klassenzugehörigkeit eines Individuums und dessen Konsumstil. Übertragen auf die Markenwahl einer Person ist der Konsumstil für ihn damit klarer Ausdruck des Habitus. Die wichtigste Erkenntnis dieses Beitrags, welche mithilfe der Analyse der Theorie von Reckwitz gewonnen werden konnte, ist, dass sich der Zusammenhang zwischen der Klassenzugehörigkeit und dem Konsumstil eines Individuums in der Spätmoderne zunehmend löst. Schlussfolgernd sollte im gegenwärtigen Zeitalter nicht mehr in diesem Maße von der Verbundenheit des Habitus und der Marke, sondern von der Milieuzugehörigkeit eines Individuums, welche den Markenkauf bedingt, gesprochen werden.

 

Hannah Gödeke: Symbole des Kulinarischen

Der Wertewandel nach Andreas Reckwitz verändert nicht nur tiefgreifend die gesellschaftlichen Strukturen innerhalb der Spätmodernen Gesellschaft. Diese sozialstrukturellen Veränderungen implizieren darüber hinaus eine Veränderung der Küchenrealität. Unter dem Begriff Küchenrealität ist neben der räumlichen Darbietung und der Nutzungsweise im Besonderen die Bedeutungszuweisung zu verstehen. Unter Heranziehung der Theorien von Pierre Bourdieu, Georg Simmel, Ulrich Tolksdorf, Andreas Reckwitz und Julia von Mende wird die Eignung der Küche als Symbol in der spätmodernen Gesellschaft diskutiert. Das Ergebnis der Diskussion ist, dass das Möbel Küche als Symbol in der Kommunikation des Habitus eingesetzt werden kann. Dies ist damit zu begründen, dass der Erwerb einer Küche die Kapitalien eines Individuums vermehrt, durch welche Individuen den persönlichen Geschmack, den Lebensstil, sowie die soziale Position darstellen. Darüber hinaus wird der Küche evolutionär bedingt eine gesellschaftliche Bedeutung zugewiesen, welche durch den sozial-räumlichen Zusammenhang auf das Möbelstück Küche projiziert wird. Im Zuge des Wertewandels gewinnen die gemeinschaftlichen Werte an Relevanz. Der Trend zu privaten Einladungen ermöglicht eine Öffnung des Privaten zum Kollektiv, wodurch der Küche eine konnotative Bedeutung zu gewiesen werden kann. So wird die Küche zu einem Symbol und eignet sich zur sozialen Distinktion. Vor dem Hintergrund einer Ableitung von Handlungsanweisungen für die Unternehmenskommunikation von Akteuren der Küchenindustrie wird außerdem die konnotative Bedeutungsebene für zwei in dieser Arbeit definierten Zielgruppen, nämlich die neuorientierte Elite und die traditionelle Mittelklasse, erörtert. Demnach schreibt die neuorientierte Elite der Küche folgende Werte zu: Geselligkeit unter Freunden, Selbstentfaltung, Lebensqualität, Kompetenz, Kreativität und technische Affinität. Die traditionelle Mittelklasse präferiert hingegen Funktionalität und Langlebigkeit in Bezug auf das Möbel Küche.

 

Isabel Kiener: Haltung als neue ökonomische Notwendigkeit: Warum symmetrische Macht ein Erfolgsfaktor in Veränderungsprozessen ist

Die Ausübung von Macht in ökonomischen Organisationen (Unternehmen) geschieht weitgehend gesteuert über die hierarchische Positionierung der Unternehmensleitung bzw. der weiteren Führungskräfte und der ihnen zugeordneten Mitarbeitergruppen. Mit dem jeweiligen Arbeitsvertrag ordnen sich Mitarbeiter diesem klassischen formalen Machtverhältnis unter und akzeptieren diese Über- und Unterordnungsbeziehung. Dieses Machtverhältnis ist jedoch auch äußeren Einflüssen unterworfen: Indem Unternehmen sich wiederum in einem zunehmenden symmetrischen Machtverhältnis mit den Konsumenten befinden und im Zuge der moralisierten Märkte dabei verstärkt divergierenderen Erwartungshaltungen an ihre Legitimität gerecht werden müssen, fordert dies die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen heraus. Die Umsetzung von etwaigen gesellschaftlich bedingten Änderungen und Anforderungen erfordert dabei die ganzheitliche und nachhaltige Beteiligung sowohl von Führungskräften als auch den ihnen unterstellten Mitarbeitergruppen. Symmetrische Machtverhältnisse innerhalb des Führungskräftezirkels, zwischen Führungskräften und ihren unterstellten Mitarbeiter sowie innerhalb der Mitarbeitergruppe übergreifend können dabei entscheidend sein, damit die Identifikation mit und die Bereitschaft zum Mittragen der Veränderungsinhalte nachhaltig gelingt. In diesem Zusammenhang gilt es ebenso, symmetrische Hebel im Führungsverhalten sowie die Steuerung von sozialpsychologischen Intragruppenphänomenen wie Gruppenpolarisierung zu nutzen. Ein im Zuge von symmetrischen Machtverhältnissen durchgeführter und dadurch sozial legitimierter Veränderungsprozess der Unternehmenskultur und möglicher Wertekonstrukte sowie Arbeitsstrukturen der Mitarbeiter kann dabei schlussendlich auch organisationaler Ohnmacht im Sinne einer Veränderungsüberforderung entgegenwirken.