Nora Chikhoune: Der Wert des Symbols

Welchen Einfluss hat der symbolische Wert der Dinge auf die Ökonomie? Auf welchen Faktoren beruht das Wirtschaftswachstum und wie hat sich die Wertbedeutung der Waren und Dienstleistungen im geschichtlichen Verlauf gewandelt? Zur Untersuchung dieser Fragen werden ausgewählte ökonomische und soziologische Theorien herangezogen und miteinander verglichen. Das führende Wirtschaftsparadigma, die Neoklassik, geht von der Modellannahme des Homo oeconomicus aus und betrachtet den Menschen als rational handelnden Nutzenmaximierer. Wirtschaftswachstum beruht für die Neoklassik auf technischen Innovationen und hängt damit von Verbesserungen der Produktivitätsleistung und von Effizienzsteigerungen der Nutzengüter ab. Die Nachfrageseite wird aufgrund der Annahme gleichbleibender Präferenzen der Konsumenten nicht ausreichend von ihr berücksichtigt. Da die westlichen Industrienationen jedoch einen hohen Wohlstand und eine Vielzahl an gleichartigen Waren und Dienstleistungen aufweisen, stellt sich die Frage, welche Faktoren der wachsenden Nachfrage nach Dingen darüber hinaus zugrunde liegen. Soziologische Konsumtheorien führen die Grenzen der neoklassischen Theorie auf und zeigen, dass dynamisch wandelnde Kaufmotivationen Einfluss auf die Bedeutung des Warenwerts sowie auf das Wirtschaftswachstum nehmen. Demgemäß tritt ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Wachstumsdynamik und Konsumdynamik zutage. Es wird deutlich, dass in Überflussgesellschaften der funktionale Nutzen und damit der funktionale Wert in den Hintergrund rücken. Stattdessen gewinnt der symbolische Wert der Waren an Einfluss. Das Besondere ist seine Unbeständigkeit, die eine de facto unbegrenzte Nachfrage zulässt. Er wird dadurch zum Treiber für ökonomisches Wachstum. Die symbolische Aufladung der Dinge schafft neue Konsummöglichkeiten jenseits der Befriedigung materieller Bedürfnisse. Dies hat zufolge, dass nicht mehr das physische Angebot entscheidend für die Kaufentscheidung ist, sondern der immaterielle Gehalt der Waren, der imaginative Werte vermittelt.

Die entwickelten Industrienationen sind im 21. Jahrhundert durch eine bisher nie dagewesene Vielfalt materieller Güter gekennzeichnet. Es gibt eine große Anzahl von finanziell abgesicherten Haushalten, mit hohen Realeinkommen und einem Überfluss an Konsummöglichkeiten. Wand vor einem Jahrhundert ein Haushalt in einem heutigen OECD-Land noch 80 Prozent seines Einkommens für Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Bekleidung und Wohnraum auf, liegen diese Ausgaben inzwischen bei unter 30 Prozent. Die Bedürfnisse der existentiellen Basisversorgung sind bei weitem befriedigt und zahlreiche Güter sind entbehrlich. Doch statt ihren Konsum zu verringern, erwerben und konsumieren die Verbraucher immer mehr. In vielen hoch entwickelten Staaten wird mittlerweile die Wirtschaftsleistung durch den Konsum bestimmt – so beträgt der Anteil der Konsumausgaben privater Haushalte am Bruttoinlandsprodukt durchschnittlich 60 Prozent (vgl. Adolf/Stehr 2010, S. 16ff.).

Der Konsum wird im 21. Jahrhundert als „Motor der Moderne“ (Adolf/Stehr 2010, S. 3) bezeichnet. Diese Entwicklungen lassen nicht nur einen Wandel in den Konsumausgaben erkennen, sondern deuten auch auf eine Veränderung im Konsumentenverhalten hin. In diesem Zusammenhang besteht die Annahme, dass sich ein Prozess des Wertewandels hinsichtlich der am Markt gehandelten Güter vollzieht (vgl. Adolf/Stehr 2010, S. 19).

Es ist zu beachten, dass das Wort Wert an sich schon eine Doppelbedeutung enthält. Zum einen bezieht es sich auf eine ökonomische (monetäre) Kenngröße, zum anderen enthält es eine soziale Komponente im Sinne von normativ herrschenden Bedeutungszuschreibungen innerhalb der Gesellschaft. Die Soziologie beschäftigt sich mit letzterem und analysiert, wie Wert als soziale Konstruktion in der Gesellschaft zustande kommt (vgl. Beckert 2012, S. 3f.). Sie unterstellt, dass die „Grundlage für die Nachfrage nach Gütern immer stärker in der Symbolbedeutung der Waren besteht“ (Beckert 2012, S. 4). Die symbolisch aufgeladenen Waren und Dienstleistungen würden dabei stets neue Bedürfnisse und Präferenzen befriedigen und dadurch Einfluss auf das wirtschaftliche Wachstum nehmen (vgl. Beckert 2012, S. 3f.).

Im Gegensatz dazu gehen wirtschaftswissenschaftliche Theorien von einem durchrationalisierten Markt der Güter und Dienstleistungen aus, in dem Konsum nur eine Nebenrolle für das Wirtschaftswachstum spielt. Der Wert der Dinge wird lediglich auf seine ökonomische Größe reduziert. Die Steigerung der Produktivität, also die Schaffung ökonomischen Mehrwerts, wird als Grundlage für das Wachstum angesehen (vgl. Adolf/Stehr 2010, S. 30f.). Es wird ersichtlich, dass trotz, oder gerade wegen der Doppelbedeutung des Werts ein Spannungsverhältnis zwischen modernen ökonomischen und soziologischen Perspektiven besteht, welches es zu erforschen gilt.

Hierzu erfolgt zunächst eine Darstellung der Neoklassik als führendes Wirtschaftsparadigma und ihren wichtigsten Charakteristika sowie Aussagen über das Wirtschaftswachstum und der Konstruktion von Wert. Anschließend wird eine Analyse bezüglich der Symbolbedeutung der Dinge innerhalb der Konsumgesellschaft durchgeführt. Dies geschieht mit der Hilfe von ausgewählten soziologischen Theorien. In diesem Rahmen wird der Weg vom Gebrauchswert der Güter hin zu ihrem Symbolwert im geschichtlichen Verlauf der modernen Ökonomie erörtert. Dabei werden die Grenzen der neoklassischen Wirtschaftstheorie aufgezeigt und kritisch hinterfragt. Des Weiteren wird die wirtschaftliche Wachstumsdynamik mit den Entwicklungen in der Konsumdynamik in ein Verhältnis gesetzt und demonstriert, wie sich beide einander bedingen bzw. beeinflussen. Ziel des Fachartikels ist es, die Wichtigkeit der Symbolbedeutung der Waren für die Ökonomie dazulegen.

Die Neoklassik als der Mainstream in der Wirtschaft

Die Neoklassik gilt als das führende Paradigma in den Wirtschaftswissenschaften und repräsentiert somit den Mainstream des Fachs (vgl. Herrmann 2016, S. 231f.). Sie entwickelte sich bereits um 1870 aus der klassischen Nationalökonomie heraus (vgl. Söllner 2012, S. 41). Letztere wurde von Adam Smith begründet, der nicht nur Ökonom, sondern in erster Linie Moralphilosoph war und wirtschaftliche Fragen immer im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang analysierte (Vgl. Aßländer 2007, S. 141ff.). Denn in der Klassik war die Ökonomie noch keine eigenständige Lehre und wurde dem Gebiet der Philosophie zugeordnet. Insofern „betrachtete Smith die praktische Philosophie im Sinne der aristotelischen Trias bestehend aus Politik, Ethik und Ökonomie“ (Aßländer 2007, S. 7f.) Folglich sah er auch den Menschen immer aus mehreren Perspektiven – für ihn war er einerseits ein individualistisch-nutzenstrebender Akteur und auf der anderen Seite ein gemeinschaftsorientiertes sowie empathiefähiges Wesen (vgl. Aßländer 2007, S. 141f.).

Der Beginn der Neuklassik zeichnete sich hingegen dadurch aus, dass sich die Ökonomie als eigenes Fach etablierte und sich damit von der Ethik und moralphilosophischen Fragen distanzierte. Stattdessen orientierte sie sich an den Naturwissenschaften (vgl. Haller 2012, S. 7ff.). Da es in der Wirtschaft wesentlich um Preise, Mengenberechnungen und nominelle Werte geht, hielt es die Neoklassik für angebracht, mathematische Modelle als Grundlage für alle wirtschaftlichen Analysen zu benutzen (vgl. Herrmann 2016, S. 144). Aus diesem Grund erhebt die Neoklassik auch den Anspruch einer wertfreien Wissenschaft. Sie behauptet demnach, dass in ihren wissenschaftlichen Theorien keine normativen Aussagen enthalten sind, sondern diese das reale Wirtschaftsgeschehen objektiv abbilden (vgl. Von Egan-Krieger 2014, S. 10f.).

Um das Verhalten von Menschen auf Märkten zu erklären, bezieht sich die Neoklassik auf Smiths Beschreibungen des rational nutzenmaximierenden Akteurs. Jedoch vernachlässigt sie den ethischen Charakter des Menschen, den Smith einst in seinen Theorien mit einband. Das Menschenbild des Homo oeconomicus gilt als das zentrale Leitbild. Das Verhalten dieses Idealtypus eines wirtschaftlich denkenden und handelnden Akteurs ist einfach zu kalkulieren und lässt sich mathematisch nachvollziehen. Dabei wird der Mensch als isoliertes Wesen betrachtet und seine Einbettung in die Gesellschaft nicht näher berücksichtigt (vgl. Haller 2012, S. 7f.).

Ein weiteres Merkmal der Neoklassik ist, dass sie den Fokus auf den Gebrauchswert und damit auf den subjektiv empfundenen Wert eines Gutes legt, wobei unter dem Wertbegriff immer der Nutzen verstanden wird. Dieser wird in Bezug zur vorhandenen Menge gesetzt. Das heißt, je mehr ein Individuum von einem Gut konsumiert, desto geringer wird aufgrund der eintretenden Sättigung der Nutzen weiteren Konsums. Das ist auch als abnehmbarer Grenznutzen bekannt. Unter der Berücksichtigung der Grenzwertbeobachtung versucht der Akteur stets seinen eigenen Nutzen mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu maximieren (vgl. Söllner 2012, S. 46). In diesem Zusammenhang geht die Neoklassik von dem Prinzip der Knappheit aus. Es besagt, dass nicht genügend Güter für die unendliche Bedürfnisbefriedigung vorhanden sind (vgl. Von Egan-Krieger 2014, S. 56). Daraus folgt, dass der Akteur seine Entscheidungen immer anhand von Kosten- und Nutzenabwägungen treffen muss. Dabei wird er von subjektiven, vorwiegend unveränderbaren Präferenzen geleitet. Die Berechenbarkeit der Auswahlmöglichkeiten wird als Basistheorem betrachtet (vgl. Haller 2012, S. 15f.). Seit Aufkommen der Neoklassik hat sich das Verständnis von Wert in der Ökonomie als wissenschaftlicher Disziplin kaum mehr geändert und es findet daher nur eine sehr einseitige Betrachtung statt (Adolf/Stehr 2010, S. 30f.). Aufgrund der Fokussierung des individuellen Nutzens steht die funktionale, materielle Bedürfnisbefriedigung an erster Stelle.

Das Wachstum in der Ökonomie

Seit der Industriellen Revolution ab dem 18. Jahrhundert ist das Wirtschaftswachstum maßgeblich durch Innovationen und in dessen Folge technologischen Wandel und Produktivitätssteigerungen vorangetragen wurden. Diese werden gegenwärtig auch als maßgebliche Ursachen für den hohen Entwicklungsstand moderner Gesellschaften angesehen (vgl. Funder 2011, S. 76f.). Aus diesem Grund steht aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften die Betrachtung der Produktionsprozesse im Vordergrund. Die Konsumption wird in der gängigen Wirtschaftstheorie nur als Gegenbegriff der Produktion bezeichnet und spielt lediglich eine Randrolle (vgl. König 2008, S. 13ff.). Das Ziel ist es, den Gebrauchswert der Waren und Dienstleistungen stetig verbessert anzubieten, wie beispielsweise durch Erhöhung der technischen Effizienz. Die Analyse der Nachfrageseite hingegen wird oftmals vernachlässigt. Die vorherrschende Wirtschaftspraxis, die Neoklassik, grenzt das Verhalten der Käufer als Wachstumsfaktor für die Ökonomie nahezu aus. Ebenso wird ein Wandel im Konsumentenverhalten aufgrund der Annahme der gleichbleibenden Präferenzen nicht näher in Betracht gezogen (vgl. Adolf/Stehr 2010, S. 30f.). Jedoch ist diese Vernachlässigung fraglich, denn es gibt gegenwärtig eine Vielzahl an Gütern, die kostengünstig verkauft werden und sich in ihren Effizienzmerkmalen, Nutzenbestimmungen und Qualitätseigenschaften gleichen (vgl. Beckert 2007, S. 53). Zudem sind die Grundbedürfnisse bei weitem gestillt, sodass der steigende Konsumgüterkauf keine Selbstverständlichkeit mehr darstellt (vgl. Adolf/Stehr 2010, S. 30f.). Die Entwicklungen verdeutlichen, dass die Nachfrageseite einen nicht minderen Anteil am Wirtschaftswachstum haben muss. Ohne diese wäre schließlich auch die Notwendigkeit des technischen Fortschritts überflüssig.

Die Neoklassik stößt demnach an ihre Grenzen, da sie wegen ihres Schwerpunktes auf die Produktionsprozesse sowie der Vernachlässigung sozialen Handelns nicht begründen kann, warum bestimmte Güter als erstrebenswerter und wertvoller gelten als andere. Den Wert der Dinge nur als ökonomische bzw. monetäre Größe zu erklären greift folglich zu kurz. Es stellt sich die Frage, anhand welcher Kriterien die Konsumenten ihre Entscheidung treffen, wenn sie ein sich ähnelndes Warenangebot vorfinden (vgl. Adolf/Stehr 2010, S. 31). Soziologische Konsumtheorien lenken den Blick weg von dem Gebrauchswert und stellen dafür die symbolische Wertzuschreibung der Dinge in den Vordergrund. Sie zeigen, dass die Konstruktion der Wertbildung vor allem von einer sozialen Komponente abhängt und nicht losgelöst von der Gesellschaft betrachtet werden kann. Darüber hinaus verdeutlichen sie, dass auch der symbolische Wert der Waren verschiedene Formen annehmen kann (vgl. Beckert 2011, S.108ff.).

Der demonstrative Konsum

Um die Geschichte des Konsums und die damit verbundene Entwicklung des Symbols in ihren Grundzügen zunächst darzulegen, sind die Annahmen des Soziologen Thorstein Veblen hilfreich. Er identifiziert den Konsum um des Prestiges Willen im gesellschaftlichen Kontext. Laut Veblen wird im Laufe der Industrialisierung und mit einem Anstieg des Lebensstandards ein sich wandelndes Konsumentenverhalten ersichtlich. Die Befriedigung physischer Bedürfnisse durch den Verbrauch verliert an Bedeutung. Stattdessen gewinnen der demonstrative Konsum bzw. der Luxuskonsum als neues Distinktionsmerkmal an Wichtigkeit. Diese Entwicklung wird von der herrschenden Klasse, der Oberschicht, initiiert. Das Ziel ist es, möglichst viele kostspielige Güter zu erwerben und den Reichtum nach außen demonstrativ zu präsentieren. Der materielle Besitz gibt Auskunft über die ökonomische Stärke und die Stellung in der Gesellschaft. Anhand dessen ist es möglich, Prestige und Anerkennung von seinen Mitmenschen zu erlangen (vgl. Veblen 2015, S. 42ff.). Der Wert der Dinge zeichnet sich somit nicht nur durch seinen hohen monetären Wert aus, sondern vor allem durch seinen kulturellen Wert – er steht für ein sozial geachtetes Symbol für Status (vgl. Campbell 2005, S. 50).

Das Leben der Oberschicht und der demonstrative Konsum entwickeln sich zur Norm und zum Vorbild für die Unter- und Mittelkasse. Die Lebensweise der herrschenden Klasse wird zum Orientierungspunkt für alle anderen Gesellschaftsmitglieder, die diesem Ideal nacheifern (vgl. Veblen 2015, S. 92ff.). Dies ist heute als Trickle-down-Effekt (vgl. Funder 2011, S. 153) bekannt. Das Präsentieren von Vermögen, die neidvolle Betrachtung der anderen sowie der ständige Vergleich untereinander werden zu Merkmalen im sozialen Handeln (vgl. Veblen 2015, S. 93).

Die herrschende Klasse muss dabei ihren Abstand zu den unteren Klassen stetig aufrechterhalten und ausbauen. Folglich kauft sie ständig neue Güter und versucht, ihren Reichtum zu akkumulieren. Veblen wendet sich mit seinem Werk gegen die Annahmen der Neoklassik. Bei ihm besteht die Gesellschaft nicht aus rational isolierten Mitgliedern mit gleichbleibenden Bedürfnissen. Stattdessen erklärt er, dass sich Präferenzen und Wertschätzung schnell ändern können (vgl. Veblen 2015, S. 47ff.). Denn „sobald jemand neue Güter erworben und sich an den neuen Besitzstand gewöhnt hat, bereitet ihm dieser kein größeres Vergnügen mehr als der alte“ (Veblen 2015, S. 47). Somit muss der Besitz immer erneuert werden, um Zufriedenheit zu erlangen. Es besteht daher „die Neigung, den augenblicklichen Stand nur als Ausgangspunkt für einen weiteren Zuwachs an Gütern zu betrachten“ (ebd.).

Maßgeblich für Veblens Theorie ist, dass er den sich abzeichnenden Weg von der Abkehr des funktionalen Werts hin zur Zunahme des symbolischen Werts anhand des Prestiges beziehungsweise Distinktionskonsums in der Gesellschaft identifiziert. Veblens Annahmen haben auch im 21. Jahrhundert nicht an Bedeutung verloren (vgl. Funder 2011, S. 154). Jens Beckert fasst diese Erkenntnisse zusammen und attestiert: „Der Wert der Güter entsteht aus der mit dem Besitz verbundenen sozialen Anerkennung“ (Beckert 2007, S. 54). Ein wesentliches Merkmal des Konsumentenverhaltens ist dabei, sich an der Meinung der anderen zu orientieren und Konsummuster zu imitieren. Sobald ein Gut in den Augen der anderen wertvoll ist, wird es erstrebenswert. Beckert erklärt weiter: „Hierfür müssen die Güter intersubjektiv mit entsprechenden Bedeutungen aufgeladen werden“ (Beckert 2007, S. 54).

Diese daraus resultierende Art der symbolischen Wertform der Güter fasst er als positionalen Wert zusammen. Folglich helfen die anerkannten Besitztümer, dass sich die Akteure in der Gesellschaft positionieren und in Gruppen eingeteilt werden können (vgl. Beckert 2011, S. 108ff.).

Bourdieu führt Veblens Distinktionstheorie anhand des Kulturkonsums in den 70er Jahren weiter und thematisiert in seinen Theorien ebenfalls im übertragenen Sinne den positionalen Wert der Güter (vgl. Bourdieu 2016, S. 17ff.).

Der Kulturkonsum

Der Luxuskonsum wird zwar gegenwärtig immer noch zur Distinktion eingesetzt, jedoch trat die Bedeutung der Luxusgüter mit der Zunahme des Wohlstands in den westlichen Massenkonsumgesellschaften ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zugunsten kultureller Güter in den Hintergrund (vgl. Haupt 2003, S. 27). Der demonstrative Konsum galt zunehmend als verpönt (Bourdieu 2016, S. 388). Durch den erhöhten Lebensstandard der Menschen wurden viele Güter, die zuvor noch als Prestigeobjekte galten, für die breite Masse erschwinglich (vgl. Funder 2011, S. 149). Stattdessen gewannen die feinen Unterschiede im kulturellen Geschmack an Bedeutung (vgl. König 2008, S. 28).

Durch den Konsum von Kulturgütern bzw. kulturellen Aktivitäten kann der Lebensstil nach außen sichtbar gemacht und die soziale Position signalisiert werden. Pierre Bourdieu spricht damit dem Kulturkonsum eine bedeutsame Funktion für die Demonstration der sozialen Zugehörigkeit zu einer Klasse und für die Abgrenzung zu anderen Klassen zu. Auch hier kann festgehalten werden, dass Waren an positionalen Wert gewinnen sobald sie in einer Gruppe von Gesellschaftsmitgliedern sozial anerkannt bzw. legitimiert sind (vgl. Bourdieu 2016, S. 277ff.).

Ebenso imitieren in diesem Fall die unteren Klassen die Konsumgewohnheiten der oberen Klasse. Ziel ist es, durch den Konsum den gleichen, als legitim anerkannten, Lebensstil der herrschenden Klasse zu teilen und somit sozial aufzusteigen (vgl. Bourdieu 2016, S. 388f.). Dieser Vorgang erinnert an den Trickle-down-Effekt, der zuvor noch bei Veblen beschrieben wurde. Damit steht die Außenorientierung der Individuen und das Streben nach Anerkennung erneut im Vordergrund.

Um den Abstand zu den anderen Klassen zu wahren, sind die höher gestellten Gesellschaftsmitglieder immer auf der Suche nach neuen exklusiven Konsummöglichkeiten (vgl. Bourdieu 2016, S. 392). Die Nachfrage nach symbolischen Waren ist daher „unerschöpflich, weil die abhängigen Bedürfnisse sich stets neu an einer neuen Distinktion orientieren müssen“ (Bourdieu 2016, S. 392). Das Konkurrieren der Akteure um die Durchsetzung anerkannter Lebensstile und Geschmackspräferenzen trägt dazu bei, dass die Dynamik in der Ökonomie bestehen bleibt (vgl. Bourdieu 2016, S. 390ff.).

Bourdieu wendet sich wie Veblen gegen die neoklassische Annahme, dass Akteure individualistische Wesen sind. Für Bourdieu ist der Mensch ein Gemeinschaftswesen, der in seinen Konsumentscheidungen durch seine soziale Herkunft geprägt ist und von den herrschenden Normen und Werten in seinem sozialen Umfeld beeinflusst wird (vgl. Bourdieu 2016, S. 350ff.).

Darüber hinaus erörtert Bourdieu, dass der Kulturkonsum als eingesetztes Statusmerkmal auch positive Folgen für die Angebotsseite mit sich bringt und damit Einfluss auf gesamtwirtschaftliche Prozesse nimmt. Die Anbieter bedienen sich bewusst der Vermarktung der Kultur und generieren Produkte, die begehrte Lebensstile verkörpern. Das bedeutet, dass die Unternehmen die Funktion des Distinktionscharakters der kulturellen Güter selbst weiter vorantragen und verstärken. Bourdieu beobachtet zudem, dass sich die Anbieter in der Folge vermehrt der Kommerzialisierung ihrer Waren unter dem Leitbild des Hedonismus widmen, um Konsumenten in einer Überflussgesellschaft zu erreichen. Jedes Angebot zielt folglich darauf ab, symbolische Waren anzubieten, welche die Nachfrager in eine Welt von sozialer Anerkennung, Status und Distinktion eintauchen lassen (vgl. Bourdieu 2016, S. 489). Mit Bourdieus Andeutungen der sich etablierenden „hedonistische[n] Moral des Konsums“ (Bourdieu 2016, S. 489) schlägt er bereits die Brücke zu den theoretischen Annahmen von Colin Campbell. Dieser beschäftigt sich auch mit der Entwicklung der Konsumgesellschaft und dem Wert der Waren. Er sieht allerdings nicht wie seine Vorgänger die Nachahmung sowie das Streben nach sozialen Status als treibende Faktoren für Kaufentscheidungen, sondern entwirft ein alternatives Konzept bezüglich des Konsumentenverhaltens (vgl. Campbell 2005, S. 7ff.).

Der hedonistische Konsum

Colin Campbell stellt die These auf, dass der moderne Konsum auf imaginativen Hedonismus fußt (vgl. Campbell 2005. S. 75). Den Ursprung für diese Entwicklung datiert er bis zur Industrialisierung und dem Aufkommen der romantischen Ethik zurück, welche wiederum durch Einflüsse des Puritanismus zustande kam. Campbell bezieht daher kulturell-religiöse Ursachen für die Konsumentwicklung heran (vgl. Campbell 2005, S. 2ff.). In der Romantik galten Kunst und Literatur als Zufluchtsort vor dem harten Arbeitsleben, in dem es keinen Raum für die Entfaltung des eigenen Ichs gab. Sie bildeten damit den Gegenpol zum zweckrationalen Erwerbsstreben und zum Leistungsdruck, der mit der beginnenden Industrialisierung anstieg. Als Ausgleich wurde der Konsum von Gütern angestrebt, welche sowohl die Befriedigung innerer Genussbedürfnisse als auch Selbstverwirklichung versprachen. Bei Kaufentscheidungen ging es demzufolge nicht um das Erlangen von sozialer Anerkennung, sondern in erster Linie um das bewusste Empfinden von Vergnügen und individueller Lustbefriedigung. Das Ziel war, sich durch den Konsum von beispielsweise Büchern mit fiktionalen Inhalten oder Poesie in andere Gefühlszustände zu versetzen und damit das eigene Ich aktiv zu spüren (vgl. Campbell 2005, S. 26ff.).

Campbell fasst zusammen, dass die Menschen in der Moderne von Sehnsüchten, Fantasien und Tagträumen geprägt sind (vgl. Campbell 2005, S. 78) und sagt in diesem Zusammenhang: „The essential activity of consumption is thus not the actual selection, purchase or use of products, but the imaginative pleasure-seeking to which the product image lends itself” (Campbell 2005, S. 89). Das Ziel des Erwerbens von Gütern ist es also, die Gefühle und Emotionen, die in den inneren Vorstellungswelten der Menschen entstehen, in der Realität wahr werden zu lassen. Allerdings können in der realen Welt die Empfindungen aus der Fantasiewelt niemals vollständig erreicht werden. Somit führt das Erwerben von Produkten stets zu einer inneren Unzufriedenheit, welche wiederum zu neuen Käufen verleitet, um das Verlangen zu stillen, die Tagträume wahr werden zu lassen. Es besteht ein permanentes Spannungsverhältnis zwischen der Wirklichkeit und der Einbildung, welches die Dynamik im Konsum entstehen lässt und die Nachfrage nach Gütern wachsen lässt. Für Campbell haben demnach Konsumgüter keine symbolische Bedeutung wegen des von ihnen vermittelten sozialen Prestiges, sondern bekommen Symbolhaftigkeit, wenn sie dem Konsumenten ermöglichen, in eine andere imaginäre Welt einzutauchen und diese innerlich erlebbar zu machen. Der Konsumgüterkauf hat dadurch eine kompensatorische Bedeutung, da eine Balance zur Arbeitswelt geschaffen werden muss (vgl. Campbell 2005, S. 89ff.).

Campbell kritisiert ebenfalls die vorherrschenden Wirtschaftsannahmen, welche der Analyse des Konsumentenverhaltens nicht genügend Beachtung schenken. Dabei sei gerade der Konsument mit seinen dynamischen Bedürfnissen der Schlüssel dafür, die Wirtschaftsprozesse angemessen zu verstehen und zu beschreiben (vgl. Campbell 2005, S.38f.).

Der Soziologe Jens Beckert beschreibt den von Campbell postulierten Symbolwert als imaginativen Wert, den die Güter durch subjektive Zuschreibungsprozesse erhalten. Damit wendet sich der Fokus von der Außenorientierung der Individuen hin zu ihrer Innenorientierung. Es geht hierbei weniger um die gesellschaftliche Anerkennung als vielmehr um das innere psychische Empfinden. Beckert greift insbesondere die von Campbell angedeutete Transzendenz-Funktion der Güter auf und führt diese Theorie weiter. Beckert behauptet, dass Güter die Fähigkeit haben, den Konsumenten in eine andere Gedanken- und Gefühlswelt zu versetzen, die sich in drei verschiedenen Dimensionen manifestiert (vgl. Beckert 2011, S. 110ff.). Er erklärt dementsprechend, „dass Güter dafür begehrt werden, dass sie Vorstellungen einer Nähe zu ansonsten unerreichbaren Orten, Personen oder auch Idealen evozieren“ (Beckert 2012, S. 2). Folglich können durch den Konsum immaterielle, imaginative Wertvorstellungen materiell greifbar gemacht werden.

Jedoch attestiert auch Beckert, dass der Konsument trotz seiner eigenen Verarbeitungsprozesse nie frei von gesellschaftlichen Einflussfaktoren ist und die Auswahl der Konsumentscheidung immer auch ein Stück weit sozial eingefärbt ist (vgl. Beckert 2011, S. 11; vgl. Breuer 2010, o, S.).

Der von Beckert beschriebene imaginative Wert findet sich auch in der Theorie des Soziologen Gerhard Schulze wieder. Ähnlich wie Campbell, wendet er sich dem Streben nach Hedonismus und Selbstverwirklichung zu, welches er allerdings anhand des Erlebniskonsums beschreibt (vgl. Schulze 2005, S. 38).

Der Erlebniskonsum

Gerhard Schulze schreibt dem Konsum ebenfalls eine immaterielle Bedeutung zu, der sich in erster Linie in der Suche nach Erlebnissen widerspiegelt. Diese Entwicklung ist laut Schulze ein Produkt der Individualisierung. Sie zeichnete sich mit Beginn der Wohlstandsgesellschaften, der Auflösung des Verständnisses traditioneller Klassenzusammenhänge und der Vervielfältigung der Lebensstile ab (vgl. Schulze 2005, S. 15f.).

Der Überfluss an angebotenen Waren und Dienstleitungen bietet den Menschen keine ausreichende Befriedigung mehr, denn sie besitzen ohnehin weit mehr als sie benötigen. Aus diesem Grund streben sie zunehmend nach einer neuen Art der Bedürfniserfüllung, die sie in dem Konsum von Erlebnissen finden (vgl. Schulze 2005, S. 55ff.). In einer Erlebnisgesellschaft wird der Imperativ „‚Erlebe dein Leben!‘“ (Schulze 2005, S. 33) zur neuen Handlungsdevise. Dabei wird der Wunsch nach einem schönen und erfüllten Leben immer zentraler (vgl. Schulze 2005 S. 14). Wie seine Vorgänger ist Schulze der Überzeugung, dass das persönliche Genussstreben, das bedeutet der Hedonismus, eine wichtige Rolle einnimmt (vgl. Schulze 2005., S. 108). Ferner erklärt er, dass die „Frage ‚Wie erreiche ich X‘“ (Schulze 2005, S. 33) ersetzt wird durch „die philosophische Frage ‚Was will ich eigentlich?‘“ (ebd.). Sie wird zum zentralen Ausgangspunkt der Individuen. Die Suche nach dem Sinn des Lebens sowie in dessen Folge die Selbstverwirklichung und Auslebung eigener Lebensstilorientierungen stehen dabei im Vordergrund. Die Art und Anzahl der Erlebnisse definieren den Wert des Lebens und werden damit zu einem Maßstab erhoben, der über das persönliche Wohlempfinden entscheidet. Die Individuen zeichnen sich in ihrem Handeln und ihren Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Erlebnissuche durch Erlebnisrationalität aus. Erlebnisrationalität bedeutet, die Erlebnisorientierung bewusst zu lenken. Das heißt, äußere Ereignisse so auszuwählen, dass sie im Inneren positiv verarbeitet werden können und ein psychisches wie auch somatisches Glücksgefühl entstehen lassen. Hedonismus, das bewusste Erleben sowie die Lenkung des eigenen Innenlebens werden zu den Hauptcharakteristika der Akteure (vgl. Schulze 2005, S. 33ff.). Das lässt einen Erlebnismarkt entstehen. Dort kommen Erlebnisnachfrager und Erlebnisanbieter zusammen (vgl. Schulze 2005, S. 417). Unternehmen versuchen dementsprechend verstärkt, alle Produkte an die Bedürfnisse sowie jeweiligen Lebensstilmuster der Akteure anzupassen und die Waren anhand von Werbung und Produktversprechen erlebnisorientiert anzubieten. Dafür genügt meist schon die Vermittlung der reinen Fiktion, dass ein Angebot zu einem stimulierenden Erlebnis führen kann, um die Konsumenten zum Kauf zu bewegen (vgl. Schulze 2005, S. 439ff.).

Durch die Entstehung der Wohlstandsgesellschaften, der rasanten Technologieentwicklung und dem Überangebot an Waren und Dienstleistungen sind die objektiven Nutzenfaktoren der Dinge nahezu unwichtig geworden. Der Gebrauchswert vieler Güter ist bereits so ausgereift, dass Veränderungen in ihm kaum noch wahrgenommen werden bzw. nicht mehr ausschlaggebend für die Kaufentscheidung sind. Hinzu kommt, dass es im Gebrauchswert vieler Produkte kaum noch Qualitätsunterschiede gibt. Der hohe Standard wird von den Konsumenten vorausgesetzt und lässt somit die Notwendigkeit einer Kosten-Nutzen-Rechnung in den Hintergrund rücken. Der Gebrauchswert wird durch den Erlebniswert verdrängt (vgl. Schulze 2005, S. 428ff.). Letzterer stellt folglich eine subjektiv symbolische Bedeutung im Hinblick eines metaphysischen Verständnisses dar. Der Erlebniswert schafft nicht nur ein psychosomatisches Glücksgefühl, er verleiht dem Leben auch Sinn.

Schulze hält jedoch fest, dass die inneren Glückszustände, die durch das Erfahren von Erlebnissen hervorgerufen werden, nur für eine kurze Zeit andauern und dadurch schnell vergänglich sind. Die Erlebnisse können nicht zu einem dauerhaft positiven Gefühl führen (vgl. Schulze 2005, S. 450). Er konstatiert: „Erlebnisse aber sättigen nicht, sondern stimulieren den Appetit auf weitere Erlebnisse“ (ebd.). Nach Schulze kann sich die Erlebnisnachfrage de facto ins Unermessliche steigern und somit wiederum die Erlebnisanbieter anregen, stets neue Erlebnisangebote auf den Markt zu bringen Er schlussfolgert: „Auf unbegrenzte Erlebnisnachfrage antworten die Anbieter mit unendlichen Produktmengen“ (ebd.).

Folglich ist es möglich, dass Erlebnisse in sämtlichen Lebenssituationen sowie bei den verschiedenartigsten Waren und Dienstleistungen angeboten bzw. nachgefragt werden können.

Das verstärkt die Bewegung auf dem Erlebnismarkt und lässt die Ökonomie wachsen. (vgl. Schulze 2005, S. 427f.). Anhand Schulzes Ausführungen profitieren beide Seiten – Anbieter und Nachfrager – von dem Erlebnismarkt, auch unter der Kenntnis, dass beide unterschiedliche Ziele verfolgen.

Die Konsumenten zwischen Status und Fiktion

Die Ausführungen zeigen, dass eine Wirtschaft die mit Angeboten übersättigt ist, nicht nur von den Gebrauchswerten und das Wirtschaftswachstum nicht allein von den Effizienzsteigerungen der Produktion bzw. der Waren abhängen kann. In diesem Zusammenhang vertritt Jens Beckert die Ansicht von Gerhard Schulze und erklärt, dass die Symbolhaftigkeit der Waren dann am stärksten in Erscheinung tritt, wenn der physische Nutzwert in den Hintergrund tritt. Dementsprechend sagt er: „Je stärker sich die Werthaftigkeit von Produkten von der Erfüllung rein funktionalen Bedarfs ablöst, desto stärker ist sie von symbolischen Wertzuschreibungen abhängig“ (Beckert 2007, S. 54). In Bezug zu den Theorien von Veblen, Bourdieu, Campell und Schulze bestätigt Beckert darüber hinaus, dass der imaginative und positionale Wert die Ursachen für das Wirtschaftswachstum in der modernen Ökonomie sind. Das Besondere ist, dass sie im Vergleich zum funktionalen Wert keine Grenze nach oben besitzen und sich stetig ausweiten können (vgl. Beckert 2011, S. 107ff.). Dabei nimmt die Bedeutung des imaginativen Werts in den westlichen Gesellschaften, die von Individualisierung und einer großen Varianz an Lebensstilen geprägt sind, gegenüber dem positionalen immer mehr zu (Breuer 2010, o. S.). Folglich sieht Beckert in dem imaginativen Wert den hauptsächlichen Treiber für eine wachsende Nachfrage. Wirtschaftswachstum beruht demnach auf einer immateriellen Größe, die von einer weitestgehend subjektiven Zuschreibung und inneren Verarbeitungsprozessen abhängt und sich wiederum im Konsum äußert. Beckert argumentiert, wie Campbell und Schulze, dass der materielle Kauf die inneren imaginativen Bedürfnisse und Träume selten vollständig befriedigen kann und damit der stetige Erwerb neuer Dinge angestrebt wird. Darüber hinaus liegt der Grund für die Bedeutung dieser Wertform auch darin, dass sämtliche Güter als imaginative Wertträger nachgefragt werden können (vgl. Beckert 2011, S. 123). Somit sind den Wünschen und dem hedonistischen Verlangen in den eigenen Vorstellungswelten keine zeitlichen und örtlichen Restriktionen gesetzt. Sie tendieren dazu, sich stets zu erneuern, zu wandeln und weiterzuentwickeln (vgl. ebd.).

Er betrachtet die Symbolbedeutung der Dinge jedoch nicht nur als Quelle der Wohlstandsvermehrung, sondern auch als Gefahr für die gegenwärtige Wirtschaft und sagt: „[D]ie Kehrseite ist auch, dass die Nachfrage nach solchen symbolisch besetzten Gütern sehr schnell in sich zusammenfallen kann“ (Beckert 2010, o. S. zitiert nach Breuer 2010, o. S.).

Denn der symbolische Wert der Waren hängt von einer sozialen Zuschreibung ab, die der stetigen Kontingenz unterliegt, dementsprechend nicht beständig in ihrer Form und Ausprägung ist und sich schnell ändern kann. Das Wirtschaftswachstum fußt daher auf einer instabilen und darüber hinaus höchst dynamischen Bedürfnisstruktur der Konsumenten.

Abschließend hält Beckert fest „dass Ökonomie in der Gesellschaft stattfindet und ökonomischer Wert aus den in der Gesellschaft vorherrschenden Werten entsteht“ (Beckert 2012, S. 4). Anhand dieser Aussage entkräftet er nochmals die neoklassische Perspektive, den Wert der Dinge ausschließlich an monetären Größen und technischen Effizienzmerkmalen festzumachen.

Darüber hinaus wird deutlich, dass nicht nur ein Wechselverhältnis zwischen wirtschaftlicher Wachstumsdynamik und Konsumdynamik besteht, sondern vor allem auch ein Abhängigkeitsverhältnis. Die Symbolwaren helfen dabei, den Sättigungspunkt an Warenangeboten zu überwinden. Sie stellen für Unternehmen die Möglichkeit dar, Absatz auf eigentlich überfluteten Märkten zu generieren. Die Nachfrage nach symbolischen Waren und die damit verbundene Sinnstiftung bieten wiederum – selbst wenn der erzeugte oder offenbarte Sinn vergänglicher Natur sein mag – dem Konsumenten einen Weg, jenseits der Befriedigung materieller Bedürfnisse, sein Wohlbefinden weiter zu erhöhen. Durch den Konsum von symbolisch aufgeladenen Waren können Lebensstile ausgelebt und psychische Verlangen und Sehnsüchte gestillt werden (vgl. Rifkin 2007, S. 191ff.).

Schlussbetrachtung

Anhand der Darstellung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen wird erkenntlich, dass die Neoklassik die Entstehung von Wert und Wirtschaftswachstum nicht zu Genüge erklären kann. Die Annahmen eines stets rationalen, isolierten, kostenkalkulierenden Akteurs erweisen sich zu eindimensional. Folglich ist auch der Wert der Dinge nicht nur von einer ökonomischen Größe abhängig und Wirtschaftswachstum kann nicht alleine anhand von technischen Weiterentwicklungen der Gebrauchsgüter erklärt werden.

Der Bewertung von Waren liegt eine Vielzahl von gesellschaftlichen und kulturellen Einflussfaktoren zugrunde, die berücksichtigt werden müssen. In dessen Folge wurde der symbolische Wert, aufgrund seiner Unbeständigkeit, die eine de facto unbegrenzte Nachfrage zulässt, als Erzeuger von Wirtschaftswachstum identifiziert. Es erwies sich, dass er im Gegensatz zum funktionalen Gebrauchswert keine eingebaute Grenze besitzt und sich beliebig steigern lässt.

Es stellte sich heraus, dass die Symbolbedeutung der Waren wiederum in zwei verschiedene Formen unterteilt werden kann – dem positionalen und dem imaginativen Wert. Letzterer gewinnt in Wohlstandsgesellschaften mit unterschiedlichen Lebensstilen und einem Überfluss an Besitztum verstärkt an Bedeutung. Er basiert auf den mentalen Bedeutungszuweisungen des Konsumenten und beruht damit auf Fiktionen. In diesem Zusammenhang wurde herausgearbeitet, dass sich Anbieter zunehmend unter dem Leitbild des Hedonismus der Vermarktung kultureller Lebensstile und Erlebnissen zuwenden, um Käufer zu gewinnen. Damit ist nicht mehr das materielle Angebot der entscheidende Aspekt für Kaufentscheidungen, sondern vermehrt der immaterielle Gehalt der Waren, der imaginative Werte vermittelt und mentale Erlebniswelten schafft.

Es manifestierte sich, dass die Unternehmen vom Angebot symbolischer Waren profitieren, da diese ungeachtet der Sättigung von Wohlstandsgesellschaften nachgefragt werden. Dementsprechend schafft die symbolische Aufladung der Dinge neue Konsummöglichkeiten, da sie den Käufern die Möglichkeit bieten, ihre mentalen Bedürfnisse zu stillen. Somit kann festgehalten werden, dass sich wirtschaftliche Wachstumsdynamik und Konsumdynamik einander bedingen und ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen besteht.

Allerdings ergaben sich anhand der Ausführungen der Bedeutung des symbolischen Werts der Waren auch Risiken. Das Wirtschaftswachstum bekommt hierdurch eine instabile Basis, denn gesellschaftlich konstituierte und insbesondere imaginative Bedürfnisse sind nicht beständig und vorhersehbar. Die Wirtschaft muss sich daher immer auf wandelnde, dynamische Präferenzen einstellen und demensprechend flexibel sein.

Die Gegenüberstellung ökonomischer und soziologischer Perspektiven veranschaulichte, dass letztere einen holistischeren Blick auf das Wirtschaftswachstum werfen, da sie gesellschaftliche und ökonomische Prozesse in einem Zusammenhang sehen. Sie folgen nicht dem eingeschränkten Model des Homo oeconomicus und bleiben in ihren Annahmen über das Marktgeschehen nicht auf unabänderliche Gesetzmäßigkeiten fixiert.

Die Entstehung von Wert kann nicht anhand der Naturwissenschaften erklärt werden und bedarf einer normativen Untersuchung. Die Ausführungen der Wertzuschreibung der Dinge in der Konsumgesellschaft verdeutlichten, dass die Neoklassik nicht das reale Wirtschaftsgeschehen abbilden kann, da sie den Konsum bzw. den Konsumenten und seine Kaufmotivationen vernachlässigt. Die Rückbesinnung auf Adam Smiths Ausführungen zur ethischen Seite des Menschen und damit seine Eingliederung in die Gesellschaft wären hilfreich, um das menschliche Verhalten aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Mathematische Modellannahmen stoßen bei ihren Erklärungen folglich an ihre Grenzen. Anhand der dargestellten Verbindung von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur wurde ebenfalls ersichtlich, dass die Ökonomie als Disziplin keine wertfreie Wissenschaft sein kann.

Die Erkenntnis, dass die Wirtschaft jedoch maßgeblich von der Symbolbedeutung der Waren abhängt und folglich nur schwer vorherzusehen ist, mag eine beunruhigende Vorstellung für die meisten neoklassischen Wirtschaftswissenschafter sein. Das kann ein Grund dafür sein, warum das Konzept der Ökonomie als Naturwissenschaft und das Idealbild des Homo oeconomicus nach wie vor so erfolgreich sind. Diese Ansichten bringen vermeintliche Sicherheiten in das eigentlich instabile Treiben der wirtschaftlichen und sozialen Vorgänge. Die Zukunft der Wirtschaft unter Beachtung der gesättigten Märkte und der Symbolbedeutung der Waren wird in Wahrheit zunehmend ungewisser.

Es bleibt abschließend noch einmal festzuhalten, dass sich Wirtschaft innerhalb der Gesellschaft vollzieht und stets in einem kulturellen sowie geschichtlichen Rahmen eingebettet ist. Damit ist auch der Wert der Güter stets das Produkt einer sozialen Konstruktion, die immer der Kontingenz unterworfen ist. Dass ohne gesellschaftlich bedingte Bedeutungszuweisungen in Wohlstandsgesellschaften keine neue Nachfrage geschaffen werden kann, unterstreicht die Bedeutung einer soziologischen Öffnung der Wirtschaftswissenschaften.

 

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