Tim Guhl: Markenresilienz in der Krise

Marken haben grundsätzlich die Fähigkeit durch ihre Symbolik Bedeutungen beim Rezipienten hervorzurufen und erfüllen eine für das Unternehmen repräsentative Funktion gegenüber dem Kunden. Durch diese symbolische Funktion generieren Unternehmen Bedeutungen beim Konsumenten. Bei Lifestyle-Marken ist der symbolische Faktor in besonderem Maße ausgereift und die Bedeutung beim Konsumenten entsprechend groß. Gerät eine Marke jedoch in eine Krise, so besteht die Gefahr, dass sich diese auch auf den Konsumenten übertragen kann. Die Rezeption einer Marke, auch in einer Krise, hängt also nicht nur von den vermittelten Markeninhalten ab. Die Wahrnehmungs- und Interpretationsprozesse sowie die Handlungen des Konsumenten haben ebenso Relevanz. Dabei steht der Konsument nicht nur in Interaktion mit der jeweiligen Marke, sondern vor allem auch in sozialen Interaktionsprozessen mit Gruppen (Markengemeinschaften). Der Konsument befindet sich demzufolge in einer triadischen Beziehung zwischen den Markeninhalten, der Markengemeinschaft und seiner eigenen Interpretation der Ereignisse in der Krise. Das Unternehmen versucht selbstverständlich alles in seiner Macht stehende zu tun, um den Konsumenten über die Krise hinaus zu binden und muss dabei zahlreiche Einflussfaktoren berücksichtigen. Doch wovon macht der einzelne Konsument die Treue für oder den Verrat an einer Marke in der Krise abhängig? In diesem Kontext überträgt der Artikel das theoretische Konstrukt der Resilienz auf die Markenrezeption des Konsumenten in der Krise und verortet mögliche Ansätze für die Entstehung des Phänomens der Markenresilienz in der triadischen Relation zwischen Konsument, Marke und Markengemeinschaft. 

Der Das Begriffsverständnis von Marken umfasste in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch ein objektbezogenes Markenverständnis, welches sich an der Erfüllung von Bedingungen eines rein physischen Merkmalskataloges orientierte (vgl. Bruhn 2004, S. 9). Im Laufe der Jahrzehnte, bis in die 1990er-Jahre hinein, gewannen aufgrund der Markeninflation und der damit verbundenen Sättigung des Marktes, Maßnahmen, um Zielgruppen detaillierter zu segmentieren und differenzierter anzusprechen (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 25) sowie Faktoren wie der Absatz, spezifische Vermarktungsmerkmale, wie zum Beispiel Qualität, Verpackungsgestaltung und Marktstellung, das Markenimage sowie letztendlich das Bewusstsein, die Einstellung und das Verhalten der Konsumenten zunehmend an Relevanz (vgl. Bruhn 2004, S. 9; vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 26). Heutzutage hat eine Marke grundsätzlich nicht nur die Fähigkeit durch ihre Symbolik und ihre Identität Bedeutungen beim Rezipienten hervorzurufen, sondern vielmehr Identität beim Konsumenten zu stiften (vgl. Burmann et al. 2015, S. 3). Somit erfüllt sie eine für das Unternehmen repräsentative Funktion gegenüber dem Kunden, fungiert damit sozusagen als emotionales Bindeglied oder als Kontaktpunkt zwischen einem Unternehmen und dem Verbraucher. Bestimmte Marken, wie beispielsweise Lifestyle-Marken, haben eine „dominant symbolische Nutzenkomponente“ (Schmid/Lyczek 2008, S. 45). Es handelt sich also um Marken, deren Symbolik über der Funktionalität des Produktes sowie sonstigen Unternehmenshandlungen steht. Betrachtet man in diesem Zusammenhang nur das Produkt als funktionstüchtiges Objekt, so existieren bei branchengleichen Marken keine gravierenden Unterschiede in der grundlegenden Funktionalität.

Die Symbolik einer Marke erschöpft sich jedoch keinesfalls in sich selbst. Denn letztendlich versucht doch jede Unternehmung durch ihre Marke einen symbolischen Mehrwert für den Kunden zu schaffen um eine emotionale Verbindung zu ihm herzustellen. Dieser Artikel unterstellt Marken darüber hinaus eine identitäts- oder sinnstiftende Wirkung, welche dazu führen kann, dass die Markenidentität vom Konsumenten adaptiert und in soziale Felder übertragen wird. Die Funktion der Sinnstiftung durch eine Marke, den Einstellungen und Handlungen der Menschen also Sinn zu verleihen, steht noch eine Ebene über der symbolischen Funktion einer Marke. Die symbolische Funktion erschöpft also nicht das vollständige Ausmaß ihrer Einflussmöglichkeiten auf den Konsumenten. Diese Überlegungen beruhen auf den Ansätzen Luckmanns, der schon vor einiger Zeit einen Bedeutungsverlust der Kirche feststellte, welcher Raum für neue Ausprägungsformen von Religiosität schafft, die nicht mit kirchlichen Institutionen konnotieren (vgl. Hellmann 2006, S. 400). Aufgrund der Tatsache, dass die Kirche als Institution innerhalb der Gesellschaft an Präsenz verliert, erhalten Marken das Potential als Institutionen beim Konsumenten wahrgenommen zu werden. Hierbei sollen Marken zwar keinesfalls als Ersatz kirchlicher Institutionen gelten, sondern vielmehr als Lückenfüller für diejenigen Sinnsuchenden in der Gesellschaft dienen. Unternehmen unterbreiten dem Konsumenten mit Hilfe ihres Produktes also nicht nur einen symbolischen Vorschlag, sondern eine Möglichkeit Markenidentitäten zu adaptieren und seine Handlungen mit einer Sinnhaftigkeit aufzuladen.

Solchen sinnstiftenden Marken kann ein intensiverer Einfluss auf die Persönlichkeit des Konsumenten unterstellt werden. Diese Unterstellung scheint auf den ersten Blick positive Dimensionen anzunehmen. Jedoch sind jene Szenarien bislang weitestgehend unerforscht, in welchen eine Marke negativ belastenden Einflüssen ausgesetzt ist, woraus Krisen entstehen können. Demnach muss dann auch das Ausmaß einer möglichen Krise differenziert betrachtet werden. Je stärker die Verbundenheit, welche ein Kunde mit einer Marke empfindet, ist, umso stärker empfindet er auch das Ausmaß einer Krise. Und wenn die Verbindung zwischen Konsument und Marke so intensiv ist, kann sich eine symbolische Krise zur Sinnkrise entwickeln. An diesem Punkt wird es wirklich kritisch, sowohl für das Unternehmen, als auch für den Konsumenten. Das Unternehmen erleidet bei Krisen in der Regel Verluste, ob in ökonomischer Hinsicht oder bezüglich ihrer Reputation. Sollte der Konsument so viel Sinn in eine Marke hineininterpretiert haben, dass sich bei ihm wirkliche Sinn- oder gar Glaubenskrisen entwickeln, dann nehmen die Ausmaße der Verbundenheit zur Marke auch beim Konsumenten problematische Dimensionen an. Denn diese Dimensionen können sich auf ganze Identitäten und Lebensabschnitte von Individuen auswirken.

Die triadische Beziehung zwischen Konsument, Marke und Gruppe in der Krise

Grundsätzlich hängt die erfolgreiche Etablierung einer Marke zwar in der Verantwortung der Unternehmen, jedoch lange nicht ausschließlich im Rahmen ihres Einflussbereichs. Unternehmen können dem Konsumenten zwar einen Sinnvorschlag durch ihre Marke unterbreiten. Ob dieser Vorschlag innerhalb der Markenkommunikation eines Unternehmens vom Konsumenten wahrgenommen, geschweige denn als solcher akzeptiert wird, darf an dieser Stelle in Frage gestellt werden.

Jeder Mensch hat eine mehr oder weniger individuelle Entwicklung durchlaufen, hat individuelle Einstellungen und Ansichten von der Welt entwickelt, sich individuelle Ziele gesteckt und vollzieht individuelle Handlungen. Jedoch ist der Mensch nicht als Neugeborenes bereits ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft, sondern wird durch einen Prozess wechselseitiger Identifikation mit seiner Umwelt und der Individuen, mit welchen er zusammenlebt, in die Gesellschaft eingeführt (vgl. Berger/Luckmann 2010, S. 139 f.). Dabei ist er auf die „Vermittlung von Wissen signifikanter Anderer“ (Berger/Luckmann 2010, S. 51), also für ihn bedeutende Bezugspersonen, angewiesen. Darüber hinaus stehen auch die Handlungen des Individuums grundsätzlich, in diesem Zusammenhang aber besonders gegenüber Marken, in Abhängigkeit mit der Bedeutung von Dingen, die sie für das Individuum haben, mit sozialen Interaktionsprozessen sowie mit individuellen Interpretationsprozessen über bestimmte Dinge (vgl. Blumer 1981, S. 81). Die Wahrnehmungs- und Handlungsvorgänge des Menschen, also auch des Konsumenten in Bezug auf Marken, sind somit in höchstem Maße komplex und individuell.

„Bedeutungen, als Ergebnisse sozialer Interaktion“ (Blumer 1981, S. 82 f.) können dem entsprechend vor allem auch in Gruppen generiert werden. „Der soziale Raum, in dem sich die Person bewegt, besteht aus Gemeinschaften, an denen sie teilhat (‚In-Groups‘), und Gemeinschaften, an denen sie nicht teilhat (‚Out-Groups‘).“ (Rommerskirchen 2014, S. 246) In diesem Kontext wurde der Begriff der „Salienz“ (Tajfel/Turner 1986, S. 9), also der Kongruenz bestimmter Eigenschaften, geprägt. Diese übereinstimmenden Eigenschaften schaffen bei allen Mitgliedern einer Gruppe einen gemeinschaftlichen Sinn der Sicht auf bestimmte Dinge. Als Beispiel eignet sich hier der Besuch eines Fußballspiels. Salienz hat für jeden Zuschauer dabei das erfolgreiche Abschneiden seines Lieblingsvereins. Diese Zuschauer des Spiels entstammen jedoch unterschiedlichster Gesellschaftsschichten und Professionen. Unter ihnen befinden sich Ärzte, Lehrer, Bauarbeiter und auch Arbeitslose. Dennoch fühlen sich diese Zuschauer innerhalb der 90 Minuten Spieldauer ein und derselben Gruppe zugehörig, da diese für allesamt dieselben übereinstimmenden Eigenschaften aufweist. Diese Eigenschaft hat in diesem Zeitraum eine situative Bedeutung für jedes Gruppenmitglied, die es mit anderen Gruppenmitgliedern verbindet, und ist natürlich auch auf Marken und Markengemeinschaften übertragbar. Sind diese salienten Eigenschaften einer Gruppe für ein Gruppenmitglied nicht ausreichend gegeben, hat er die Möglichkeit die Gruppe zu verlassen. (vgl. Tajfel/Turner 1986, S. 9)

In diesem Kontext genauer betrachtet werden soll der Versuchsaufbau einer Studie zur triadischen Relation von Konsumenten, Marken und Gruppen, wobei der Beziehungsgrad aus Sicht des Konsumenten zwischen ihm, der Marke und der In- respektive Out-Group in stimmige, neutrale und unstimmige Beziehungen unterteilt wird. (vgl. Hammerl et al. 2016, S. 34) Stimmige Beziehungen herrschen, solange der Konsument zur Gruppe, die Gruppe zur Marke und auch der Konsument zur Marke eine positive Einstellung hat. (vgl. Hammerl et al. 2016, S. 34) Es herrscht also eine soziale Homogenität innerhalb dieser Konstellation. Als ein neutrales Verhältnis wird der Zustand beschrieben, in welchem der Konsument eine negative Einstellung gegenüber Gruppe und Marke, die Gruppe jedoch eine positive Einstellung gegenüber der Marke hat. (vgl. Hammerl et al. 2016, S. 34) Dadurch, dass die Identifikation sowohl zur Gruppe, als auch zur Marke aufgrund mangelnder Bedeutung für den Konsumenten ausbleibt, ist für ihn die Beziehung zwischen der Out-Group und der Marke gänzlich irrelevant. Besondere Relevanz für diesen Artikel haben vor allem alle Ausprägungsformen unstimmiger Beziehungen, denn aufgrund der Unzufriedenheit des Konsumenten, hervorgerufen durch eine Krise, wird nur hier ein Handlungsbedarf seinerseits als notwendig erachtet. Eine erste unstimmige Beziehungsform kann beispielsweise herrschen, sofern der Konsument eine positive Einstellung gegenüber einer Marke hat, zu welcher eine Gruppe, mit welcher er sich nicht identifizieren möchte (Out-Group), ebenfalls eine solch positive Einstellung hat (vgl. Hammerl et al. 2016, S. 34). Ein weiteres negatives Szenario kann eine negative Einstellung des Konsumenten zur Marke beinhalten, wobei die Gruppe, deren Ansichten der Konsument teilt (In-Group), eine positive Einstellung zur Marke hat (vgl. Hammerl et al. 2016, S. 34). Die dritte Möglichkeit eines unstimmigen Beziehungsstatus äußert sich dann, wenn der Konsument eine positive Einstellung gegenüber der Marke und der Gruppe hat, die Gruppe die positive Einstellung gegenüber der Marke jedoch nicht teilt (vgl. Hammerl et al. 2016, S. 34).

Grundsätzlich verspürt der Mensch einen inneren Druck diese inkonsistenten Beziehungsformen bestmöglich und für ihn zufriedenstellend zu lösen (vgl. Baumeister/Bushman 2011, S. 206). Um diese Zufriedenheit herzustellen versucht der Konsument also die triadische Beziehung zwischen sich, der Gruppe und der Marke möglichst ausgeglichen zu gestalten. Die erste Möglichkeit eine Inkonsistenz zu lösen besteht im Versuch des Konsumenten die Beziehung der Gruppe zur Marke in seinem Sinne zu ändern (vgl. Hammerl et al. 2016, S. 34). Die Einstellung einer gesamten Gruppe bezüglich einer Marke zu seinen eigenen Gunsten zu beeinflussen dürfte sich jedoch für eine Einzelperson als ein sehr schwieriges Unterfangen darstellen, denn dafür müssen persönliche Merkmale, wie beispielsweise Charakterzüge, Charisma, Überzeugungskraft und Einfluss des Einzelnen, in höchstem Maße ausgeprägt sein. Die zweite und dritte Möglichkeit zu handeln beinhaltet zum einen den Versuch des Konsumenten seine Beziehung zur jeweiligen Gruppe zu ändern, zum anderen seine Beziehung zur jeweiligen Marke zu ändern (vgl. Hammerl et al. 2016, S. 34).

In Falle einer Markenkrise können unter Berücksichtigung des Phänomens der Markenresilienz vier mögliche Szenarien voneinander abgegrenzt werden. Dabei muss der Konsument in jeder Konstellation zwischen verschiedenen Handlungsalternativen entscheiden und abwägen, ob nun die Beziehung zur Markengemeinschaft oder zur Marke eine größere Bedeutung für ihn hat. Gerät eine Marke in eine Krise, sowohl der Konsument als autonomer Träger seiner Entscheidungen, als auch die Markengemeinschaft, bleiben dieser Marke jedoch treu (1), können nur Mutmaßungen angestellt werden, welches Konstrukt den Ausschlag für die Handlung des einzelnen Konsumenten, sprich in der Markengemeinschaft zu verbleiben, gegeben hat. Hierbei müsste es sich um eine hybride Einflussform aus Gruppeneinfluss und großer Markenresilienz handeln. Gleiches gilt fernerhin auch für die umgekehrte, für das Unternehmen, beziehungsweise für die Marke, negative Konstellation, sprich beide Parteien wenden sich von der Marke ab (2). Dabei muss der Einfluss Markenresilienz des Konsumenten jedoch niedrig ausfallen. Doch was geschieht innerhalb einer sozialen Ordnung, in welcher eine Gruppe aufgrund einer Krise die Verbindung zu Marke unterbricht, der Konsument sich als einziges Mitglied dieser Gruppe jedoch dazu entscheidet dieser kriselnden Marke treu zu bleiben und dafür alle notwendigen Schritte, nämlich den Austritt aus der Gruppe, in die Wege zu leiten und damit verbundene Konsequenzen über sich ergehen zu lassen (3)? Innerhalb solcher Umstände scheint die Markenresilienz des Konsumenten an diesem Punkt maximal zu sein, während die zuvor angesprochenen salienten Eigenschaften der Gruppe nicht mehr ausreichend gegeben sind. Der Resilienzfaktor ist dann so stark (maximal), dass er in diesem Fall die Entwicklung von einer In-Group zu einer Out-Group bewirken kann. Die Beziehung des Konsumenten zur Marke hingegen verändert sich überhaupt nicht. Somit werden die Gruppendynamiken vom Resilienzfaktor überstrahlt. Dem gegenüber steht das Szenario, dass die Markengemeinschaft der Marke trotz Krise treu bleibt, wobei ein einzelnes Mitglied der Markengemeinschaft die Marke nach der Krise beginnt abzulehnen (4). In diesen Gegebenheiten haben weder der Faktor der Markenresilienz einen spürbaren Einfluss auf den Konsumenten, noch können Gruppeneffekte die Entscheidung des Konsumenten beeinflussen. Um einen Schritt weiter zu gehen: Die Einflussstärke von Resilienzfaktor und Gruppeneffekt müssen an dieser Stelle minimal sein.

Das Konstrukt der Markenresilienz

Als Basis für die folgenden Ausführungen des Artikels soll nun zunächst das grundsätzliche Begriffsverständnis der Resilienz aufgezeigt werden. Resilienz wird „für die Analyse von Phänomenen und Prozessen der ‚Widerständigkeit‘ und der ‚Widerstandsfähigkeit‘ in verschiedenen Kontexten und Situationen angesichts besonderer Gefährdungslagen genutzt“ (Endreß/Maurer 2015, S. 7).

„Generell stellt das leitende Begriffsverständnis auf die Identifikation und Analyse unterschiedlicher Potentiale ab – die als Ressourcen, Fähigkeiten, Dispositionen, Strategien etc. beschrieben werden–, die es einer sozialen Einheit ermöglichen können oder aber bereits ermöglicht haben, disruptive Veränderungen wie Krisen, Schocks, Katastrophen, Epidemien, Traumata etc. relativ gut zu begegnen und den eigenen Bestand zu sichern.“ (Endreß/Rampp 2015, S. 34)

Resiliente Strukturen wurden bereits in zahlreichen Anwendungsgebieten wie der Ökologie, der Medizin oder der Politik untersucht. (vgl. Bonß 2015, S. 17; vgl. Endreß/Rampp 2015, S. 36 f.) Soziale Resilienz ist eine weitere der möglichen Ausprägungsformen und bezieht sich auf Veränderungen, welche die gesamte menschliche Bevölkerung, beziehungsweise einzelne Bevölkerungsteile, betreffen. Genauer beschreibt sie die Fähigkeit der Gesellschaft sich von Umweltkatastrophen, Großunfällen oder Terroranschlägen zu erholen (vgl. Bonß 2015, S. 17). Hierbei werden drei Potentiale unterschieden, die den Umgang mit einer solchen Krise fördern und erleichtern können: „Bewältigung, Anpassung und Transformation“ (Endreß/Rampp 2015, S. 39 f.). Unter Kompetenzen der Bewältigung wird verstanden mit einer Krise ad hoc umgehen und auf sich ändernde Umstände reagieren zu können (vgl. Endreß/Rampp 2015, S. 39). Das zweite Potential der Anpassung hingegen ist eher langfristig orientiert und beschreibt die Fähigkeit, Schlüsse aus vergangenen Krisen zu ziehen und sich so auf zukünftige Krisen vorzubereiten (vgl. Endreß/Rampp 2015, S. 40). Die dritte und letzte Dimension stellt Transformationskompetenzen dar, sprich, nicht nur Schlüsse aus vergangenen Krisen zu ziehen und diese für den Status Quo zu nutzen, sondern aus diesen Schlussfolgerungen mit Hilfe von fundierten Lernprozessen darüber hinaus einen kontrollierten Wandel vom jeweilig labilen, aktuellen Zustand zu einem robusteren und positiveren, zukünftigen Zustand zu initiieren (vgl. Endreß/Rampp 2015, S. 40).

Unter Markenresilienz versteht dieser Artikel ein Markenvertrauen, -bindung oder -loyalität übersteigendes Phänomen in der Psyche des Konsumenten, das die Beziehung aus Sicht Konsumenten zwischen ihm und einer Marke trotz etwaiger unternehmerischer Verfehlungen, seien sie ökologischen, ökonomischen, technischen oder ethischen Ursprungs, welche in eine Krise münden, gegenüber diesen robust und widerstandsfähig bleiben lässt. Voraussetzung dafür ist eine hohe Bedeutung, die die Marke beim Konsumenten auslöst. Das Wohl der Marke hat also Priorität beim Konsumenten und wird sozialen Interaktionen mit der Markengemeinschaft vorgezogen. Markenresilienz kann durch vom Konsumenten positiv assoziierte Unternehmenshandlungen, durch signifikante Bezugsgruppen oder Einzelpersonen wie Familie, Freunde, Bekannte und Markengemeinschaften sowie durch resiliente Zustände in der Psyche des Konsumenten entstehen.

Zur Veranschaulichung der Wirkungsprozesse und Ausmaße von Markenresilienz soll nun ein Szenario verhelfen, in welchem die drei zuvor angesprochenen Potentiale der Bewältigung, Anpassung und Transformation aus Sicht des Konsumenten auf Marken übertragen werden sollen. Somit wird der Konsument als bewältigende Maßnahme durch Informationsbeschaffung über Wahrhaftigkeit, Relevanz und Ausmaß der Krise sich diese versuchen zu erklären und weiter eine Entscheidung darüber treffen, welche akuten Maßnahmen seinerseits getroffen werden müssen. Ein markenresilienter Konsument, dem wie beschrieben besonders das Wohl der Marke wichtig ist, würde dem entsprechend versuchen die Krise innerhalb der Markengemeinschaft zu relativieren und die Gemeinschaft von der Legitimität der Marke zu überzeugen. Dabei könnten vor allem die sozialen Medien eine besonders wichtige Rolle spielen. Der längerfristige Vorgang der Anpassung würde dann die Verinnerlichung der Tatsache bedeuten, dass solche Krisen auch bei gemochten Marken tatsächlich stattfinden können. Somit ist die mentale Vorbereitung auf eine mögliche weitere Krise deutlich konsistenter und stabiler. Transformationsmaßnahmen auf der Seite des Kunden spiegeln dann letztlich extremste Vorgänge wie die Adaption von grundlegenden Einstellungen, Werteorientierungen und Normvorstellungen der Marke und somit die Veränderung eigener Ansichten, Verhaltensweisen sowie eine Umstrukturierung des bestehenden Habitus. Der Konsument würde somit seine eigene Identität der Markenidentität unterwerfen. Für den außenstehenden Betrachter mögen diese Potentiale eher unkonventionell, fremd und alles andere als positiv erscheinen, doch für einen resilienten Konsumenten mit einer solch starken Verankerung zu der betroffenen Marke sind diese Handlungen zwingend notwendig, um seine Beziehung zur Marke in der gewünschten Form aufrechtzuerhalten und zu einem Zustand vor der Krise zurückkehren zu können. Somit kann festgehalten werden, dass neben ökologischen, psychologischen und gesellschaftlichen Resilienzstrukturen eben solche in der Theorie auch in Bezug auf Marken existieren können.

Ansätze zum Aufbau von Markenresilienz

Nachdem das Konstrukt der Markenresilienz charakterisiert und definiert wurde, sollen nun die bereits angesprochenen Entstehungsursachen diskutiert werden. Dabei verfolgt der Artikel drei verschiedene Ansätze: Sind es die Unternehmen beziehungsweise die Marken selber, welche Resilienzstrukturen beim Konsumenten aufbauen? Entstammen diese aus Gruppendynamiken? Oder bilden sich die Strukturen im natürlichen Rahmen der Entwicklungspsychologie des Menschen?

Der erste Ansatz für die Entstehung von Markenresilienz beschäftigt sich mit allen Unternehmenshandlungen, die beim Konsumenten in irgendeiner Form Bedeutung beziehungsweise Sinn stiften. Dabei geht es in erster Linie um eine nachvollziehbare Konsistenz, die verschiedenste Unternehmenshandlungen aufweisen. Ein wichtiger, den Aufbau von Markenresilienz unterstützender Faktor ist in diesem Zusammenhang die Orientierung am Kunden. Durch Kundenbindungsmaßnahmen soll dem Konsumenten Wertschätzung, Nähe und Verständnis entgegengebracht werden, wodurch im besten Fall wiederum Vertrauen und Loyalität als Resilienz bildende Zustände beim Konsumenten entstehen sollen. Selbige Resultate sollen darüber hinaus auch durch das Produkt als solches erzielt werden, zum Beispiel über möglichst einmalige Produkteigenschaften sowie Produktqualität, aber besonders über die tatsächliche Einhaltung versprochener Leistungen. Gerade aufgrund der gegenwärtigen Dynamik in Wirtschaft und Gesellschaft ist es bedeutsam dem Konsumenten durch flexible Unternehmenshandlungen mit transparenten und realistischen Zielen Perspektiven aufzuzeigen und ihm somit Sicherheit für die Zukunft zu geben. Bei allen diesen Maßnahmen spielt natürlich die Emotionalität der Kommunikation eine wichtige Rolle. Denn Emotionen haben definitiv mehr Potential Vertrauen auszulösen, als Informationen. Essentiell ist zudem die allgegenwärtige Bekanntheit und Beliebtheit einer Marke, sprich die positive Reputation als Gesamtheit aller Images der Konsumenten. Diese stellt auch die Schnittstelle zum nächsten Ansatz dar, denn spätestens hier greift der Einfluss anderer signifikanter Gruppen auf den Einzelnen.

„Soziale Lernprozesse bilden die Grundlage zum Erwerb sozialer Kompetenzen wie Beziehungsaufnahme, Selbstpräsentation, Durchsetzungsvermögen und Kritikverarbeitung.“ (Mahler 2012, S. 58)

Und diese in Interaktion mit Anderen entstandenen sozialen Kompetenzen gelten als grundlegend für die Ausbildung von resilienter Strategien (vgl. Mahler 2012, S. 58). Somit kann innerhalb des zweiten Ansatzes unterstellt werden, dass Resilienz durch die kollektive Prägung signifikanter Anderer oder Gruppen, wie beispielsweise Markengemeinschaften, entsteht. Besonders durch gemeinsame Einstellungen, Interessen, Verhaltensweisen, und Habitus entwickeln sich übereinstimmende Gruppeneigenschaften und somit eine Gruppenidentität, welche jedes Gruppenmitglied prägt. Auch wenn das eigentlich definierte Begriffsverständnis der Markenresilienz darauf abzielt, dass ein einzelner Konsument eine Marke in einer Krise der Markengemeinschaft vorzieht, sagt dies noch nichts über den Ursprung der Markenresilienz aus. Denn obwohl aus einer vermeintlichen In-Group in respektive nach der Krise für den Konsumenten eine Out-Group entsteht, darf die Einflussnahme dieser Gruppe nicht unberücksichtigt bleiben. Die resilienten Strukturen des Einzelnen in Bezug auf die Marke wurden nämlich unter anderem auch durch die relevante Markengemeinschaft geprägt.

Der dritte Ansatz zur Ausbildung resilienter Potentiale orientiert sich an den grundsätzlichen Erkenntnissen der Psychologie in Bezug auf Resilienz. Dabei geht es um sechs Grundkompetenzen eines Menschen nach Petzold, die als förderliche Basis für die Entwicklung von Resilienz gelten (vgl. Mahler 2012, S. 17). Zu den Kompetenzen zählen (1) eine verinnerlichte Neigung zur Lebensfreude, die die Intensität von Belastungen schmälert, (2) die Fähigkeit zur Bewältigung von Belastungen und (3) die Fähigkeit zur Erholung nach der Psyche schädigenden Ereignissen (vgl. Mahler 2012, S. 17). Darüber hinaus ist die Rede von (4) der Fähigkeit die Kontrolle über eine und somit die Beibehaltung von Potentialen in einer prekären Situation sowie (5) von der Begabung sich leicht an Veränderungen anpassen zu können (vgl. Mahler 2012, S. 17). Die letzte Grundkompetenz stellt schließlich (6) die Möglichkeit dar, „Belastungserfahrungen zu kommunizieren und aufgrund von Netzwerkorientierungen und guter interaktiver Kompetenz und Performanz Schutzpersonen zu mobilisieren“ (Mahler 2012, S. 17). Die Hauptthese des Ansatzes lautet demnach, dass die Markenresilienz ähnlich der Resilienz in der Entwicklungspsychologie in der Psyche des Menschen verankert ist. Dabei haben Menschen, die diese Grundkompetenzen erfüllen, potentiell bessere Möglichkeiten für die Ausbildung von Markenresilienz. Je gefestigter sich die grundsätzliche Psyche des Menschen gestaltet, desto resilienter ist er auch in Bezug auf Markenkrisen. Im genannten Szenario kann der Konsument also durch die Bewältigung verschiedenster Lebensereignisse, ob positiver oder negativer Natur, eine solche Persönlichkeit aufbauen, die robust und stabil genug ist, auf eine gesamte Markengemeinschaft verzichten zu können.

Nachdem nun alle theoretischen Ansätze zur Entstehung markenresilienter Ressourcen zur Bewältigung von Krisen beim Konsumenten diskutiert wurden, bleibt noch ein wichtiger Punkt anzumerken. Keiner der drei Ansätze kann in seiner Einflussnahme auf den Konsumenten autonom betrachtet werden. Auch eine Kombination aus allen dieser Ansätze kann für diese Entwicklungen ausschlaggebend sein. Die Frage also, ob die Markenresilienz durch den Einfluss von Gruppen, durch Unternehmenshandlungen oder durch individuelle psychologische Prozesse jeweilig stärker, schwächer oder gar nicht ausgeprägt wird, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden.

Empirischer Ausblick

Nachdem die theoretische Relevanz der Resilienz für die Wahrnehmung von Marken in der Krise nachgewiesen werden konnte, sollen die zentralen Ergebnisse an dieser Stelle noch einem empirischen Ausblick unterzogen werden. Dabei soll die grundsätzliche, theoretische Existenz, Wirkungsweise und Entstehung des Phänomens der Markenresilienz beim Konsumenten, auch in Bezug auf Lifestyle-Marken, an der Realität getestet werden, um letztlich für die Grundgesamtheit repräsentative Aussagen treffen zu können. Es ist also eine flächendeckende, empirische Prüfung der theoretischen Erkenntnisse notwendig. Für eine mögliche empirische Forschung im Anschluss sollen nun die aufgestellten Theorien noch einmal kurz und bündig zusammengefasst und dann auf ein empirisches Szenario übertragen werden. Zunächst soll noch einmal auf die Szenarien der triadischen Beziehung zwischen Konsument, Marke und Gruppe, respektive Markengemeinschaft, innerhalb einer Krise Bezug genommen werden. Hierbei wurden unter Berücksichtigung des Phänomens der Markenresilienz die vier folgenden Szenarien vorgeschlagen: (1) Sowohl Konsument, als auch die Gruppe entscheiden sich für die Treue gegenüber der Marke in der Krise. Dabei müsste es sich um eine hybride Form aus einem Einfluss durch die Gruppe und einer starken Ausprägung von Markenresilienz beim Konsumenten handeln. (2) Das zweite Szenario beschäftigt sich mit der umgekehrten Konstellation, sprich beide Parteien entscheiden sich für die Ablehnung einer Marke. Hier muss wieder eine hybride Einflussform aus Gruppeneinfluss und Markenresilienz herrschen, wobei die Ausprägung der Markenresilienz beim Konsumenten in diesem Fall als niedrig einzuordnen wäre. (3) Der Konsument entscheidet sich, entgegengesetzt der Gruppenentscheidung, für die Ablehnung einer Marke in der Krise. In dieser Konstellation müssen sowohl Gruppeneinfluss, als auch die Wirkung der Markenresilienz als niedrig eingestuft werden. (4) Im vierten Szenario hingegen entscheidet sich der Konsument, entgegengesetzt der Gruppenentscheidung, für die Treue gegenüber einer Marke in der Krise. Hierbei wäre die Markenresilienz hoch, der Gruppeneinfluss hingegen niedrig. Der Resilienzfaktor überstrahlt den Einfluss durch die Gruppe. Die In-Group wird zur Out-Group.

Insgesamt sollte das Ziel einer möglichen empirischen Forschung sein, herauszufinden, ob diese Szenarien in der Praxis tatsächlich so auftreten und weiter, auf welcher Basis diese Entscheidungen getroffen werden. Findet die Entscheidungsfindung des Konsumenten für oder gegen eine Marke auf der Basis des Phänomens Markenresilienz oder auf der Basis des Einflusses durch Gruppenverhalten statt? Vor dem Hintergrund dieser Theorien und Fragestellung müssen an dieser Stelle spezifische Hypothesen als Erklärungsversuche dieser sozialen Sinnzusammenhänge formuliert werden, welche dann bestätigt oder widerlegt werden sollen. (vgl. Raithel 2008, S. 33) In diesem Kontext könnten die Hypothesen folgendermaßen lauten:

 

H1: Wenn sich Konsument und Markengemeinschaft in der Krise für die Treue gegenüber einer Marke entscheiden, dann sind sowohl Gruppeneinflüsse, als auch eine hohe Markenresilienz ausschlaggebend für die Entscheidung des Konsumenten.

H2: Wenn sich Konsument und Markengemeinschaft in der Krise für die Ablehnung einer Marke entscheiden, dann sind sowohl Gruppeneinflüsse, als auch eine niedrige Markenresilienz ausschlaggebend für die Entscheidung des Konsumenten.

H3: Wenn der Konsument sich in der Krise, entgegengesetzt der Entscheidung der Markengemeinschaft, für die Ablehnung einer Marke entscheidet, dann sind sowohl Gruppeneinfluss, als auch der Einfluss der Markenresilienz niedrig.

H4: Wenn der Konsument sich in der Krise, entgegengesetzt der Entscheidung der Markengemeinschaft, für die Treue gegenüber einer Marke entscheidet, dann ist der Gruppeneinfluss niedrig, der Einfluss der Markenresilienz jedoch groß. 

 

Sinngemäß muss in einer potentiellen Forschung die tatsächliche Zugehörigkeit der Teilnehmer zu einer Markengemeinschaft sichergestellt werden. Diese kann entweder in einer entsprechenden Fragestellung zu Beginn des Fragebogens, oder durch eine bewusste Stichprobenauswahl im Voraus der Forschung sichergestellt werden. (vgl. Raithel 2008, S. 57 f.)  Theoretische Begriffe sind grundsätzlich nicht in einem oder zwei Sätzen zu umschreiben, denn sie sind Konstrukte. (vgl. Raithel 2008, S. 35) So verhält es sich auch beim Untersuchungsgegenstand der Markenresilienz. Mit Hilfe der Operationalisierung soll dieser theoretische Begriff in messbare Variablen übertragen werden. (vgl. Raithel 2008, S. 36) Mit Hilfe einer Skala können dann verschiedenste Variablen, welche ein und dasselbe Konstrukt betreffen, zusammengefasst und gebündelt gemessen werden. (vgl. Raithel 2008, S. 41 f.) Sollten Kapazitäten und Ressourcen für eine eigens entwickelte Markenresilienzskala nicht ausreichen, so kann zunächst auf eine bestehende Resilienzskala aus der Psychologie zurückgegriffen werden. An einer solchen Resilienzskala sollte sich insofern jedoch nur orientiert werden, als dass deren Aussagen auf den Konsumenten und dessen Markenwahrnehmung übertragen werden.

Zusätzlich zum Konstrukt der Markenresilienz muss mit Hilfe einer weiteren Skala die Einstellung des Teilnehmers bezüglich einer entsprechenden Marke operationalisiert werden.  Um nun die Konsumenteneinstellung gegenüber einer Marke in der Krise erfassen zu können, bietet sich ein experimentelles Setting mit dem Stimulus einer Markenkrise an. Dabei soll das Ausmaß und die Dimension der jeweiligen Krise so groß wie nötig, aber auch so authentisch wie möglich gewählt werden, auch wenn eventuell auf fiktive Szenarien zurückgegriffen werden muss. Denn Skandale und Krisen sämtlicher beschriebener Ausprägungsformen stellen für den Menschen und Konsumenten keine Ausnahme, sondern gegenwärtig nahezu die Regel dar. Im Rahmen eines Pre-Post-Tests kann dann eine mögliche Diskrepanz zwischen der Konsumenteneinstellung bezüglich der Marke vor und nach der Krise herausgestellt werden. Die Pre-Befragung, die Präsentation des Stimulus und die Post-Befragung sollten dabei zeitlich so deutlich wie möglich voneinander getrennt ablaufen, um den Probanden keine Kenntnis über das experimentelle Setting erlangen zu lassen. An dieser Stelle sollte der einzelne Proband dann in Kenntnis über die Einstellung und Handlung der Markengemeinschaft gesetzt werden. So kann eine zielführende Messung der Beeinflussung, entweder durch das Phänomen der Markenresilienz, oder durch die Markengemeinschaft, sichergestellt werden. Die Aufteilung der Probanden in zwei Gruppen, wobei die erste Gruppe die Markengemeinschaft bildet und die zweite Gruppe die einzelnen Konsumenten, ist also zwingend notwendig. Auch die Messung, inwieweit sich die Einflussstärken in der jeweiligen Konstellation verteilen und unterscheiden, würde sich in diesem Rahmen anbieten.  Idealerweise sollten mindestens zwei, im besten Fall vier, verschiedene Marken unterschieden werden: zwei Lifestyle-Marken und zwei Alltagsmarken. Der Artikel konnte Lifestyle-Marken im Gegensatz zu Alltagsmarken eine dominant symbolische Nutzenkomponente nachweisen. Diese höhere Bedeutungskomponente löst einen höheren Identifikationsgrad zwischen Konsument und Marke aus, wodurch sich die Krise einer Marke potentiell auf den Konsumenten übertragen kann. Ein höherer Identifikationsgrad kann theoretisch jedoch auch eine stärker ausgeprägte Markenresilienz beim Konsumenten auslösen. Der Identifikationsgrad des Konsumenten mit der Marke muss an dieser Stelle mit Hilfe der entsprechenden Variablen wieder in einer Skala definiert werden. In diesem Kontext können somit weitere mögliche Hypothesen aufgestellt werden:

 

H5: Wenn der Identifikationsgrad zwischen Konsument und Marke hoch ist, überträgt sich die Markenkrise auf den Konsumenten.

H6: Wenn der Identifikationsgrad zwischen Konsument und Marke niedrig ist, überträgt sich die Markenkrise nicht auf den Konsumenten.

H7: Je höher der Identifikationsgrad zwischen Konsument und Marke, desto größer die Markenresilienz des Konsumenten in der Krise.

H8: Je niedriger der Identifikationsgrad zwischen Konsument und Marke, desto geringer die Markenresilienz des Konsumenten in der Krise.

 

Wie der Artikel außerdem herausgestellt hat, können beim Konsumenten drei verschiedene Ansätze für die Entstehung des Phänomens der Markenresilienz unterschieden werden. Explizit ging es um den Einfluss von Markengemeinschaften, Unternehmenshandlungen oder individuellen psychologischen Prozessen des Konsumenten als mögliche Ursache für die Entstehung von Markenresilienz. Durch den Vergleich einer erzeugten Markenresilienzskala mit einer aus der Psychologie stammenden Skala können beispielsweise Zusammenhänge grundsätzlicher psychologischer Prozesse des Menschen mit Prozessen der Konsumentenpsychologie untersucht werden. Anhand dieser Skalen können weitere Hypothesen aufgestellt werden:

 

H9: Je größer die psychologische Resilienz beim Konsumenten, desto größer auch seine Markenresilienz in der Krise.

H10: Je positiver die Konsumenteneinschätzung der Unternehmenshandlungen, desto größer auch seine Markenresilienz in der Krise. 

H11: Je größer der Einfluss von Markengemeinschaften auf den Konsumenten, desto größer auch seine Markenresilienz in der Krise.

 

Die Ermittlung vergleichbarer Zusammenhänge ist natürlich auch in Bezug auf das Konstrukt der Markenresilienz und den Einfluss durch Unternehmenshandlungen möglich. In diesem Kontext sollte jedoch nochmals angemerkt werden, dass die Entstehung von Markenresilienz ihren Ursprung natürlich auch aus einer Kombination dieser drei Ansätze nehmen kann. Von daher würde sich auch an dieser Stelle die Messung eignen, inwieweit sich die Einflussstärken der jeweiligen Ansätze verteilen und unterscheiden.

Literaturverzeichnis

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