Theresa Steven: Manipulation durch Influencer Marketing?

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dem Einfluss von Influencer-Marketing auf die Entscheidungsfindung von Jugendlichen im Alter von 14 bis 19 Jahren. Hierzu wird das Beispiel der Kosmetikbranche herangezogen, da das Influencer-Marketing dort häufig als Marketing-Instrument eingesetzt wird. Um an die Thematik heranzuführen, werden zunächst Begrifflichkeiten des Influencer-Marketings, sowie der Jugendforschung beleuchtet. Des Weiteren erfolgt eine Analyse der Vorgehensweise zur Entscheidungsfindung unter Zuhilfenahme der Theorien von Kahneman und Pierre Bourdieu. Da die Wirkungsweise des Influencer-Marketings bisher wenig erforscht ist, wird eine empirische Studie zur Aufklärung herangezogen. Es werden sowohl Influencer als auch Jugendliche interviewt. Die Forschung gibt Aufschluss darüber, inwieweit sich junge Menschen von sogenannten Stars aus dem Internet beeinflussen lassen und ihr Handeln danach ausrichten. Es wird ebenfalls analysiert, wie sich die Relevanz von Influencern mit zunehmendem Alter der Jugendlichen verändert. Dafür wurden die befragten Teenager in zwei Gruppen – bis 16 Jahre und über 16 Jahre – unterteilt. Die Analyse der Interviews ergibt, dass Influencer-Marketing sehr wohl einen gewissen Einfluss auf die Entscheidungsfindung von Jugendlichen hat. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich Teenager im Alter bis 17 Jahren wesentlich stärker an Influencern orientieren als es junge Menschen ab 18 Jahren tun. Diese sind der Thematik gegenüber wesentlich skeptischer und weniger beeinflussbar.

Dieses Phänomen entwickelt sich nahezu in Echtzeit weiter und erfährt daher ständig tiefgreifende Veränderungen. Diese äußern sich zum einen innerhalb der Marketinginstrumente, die genutzt werden – wie beispielsweise die Einbettung von Kooperationen in Instagram-Stories – als auch in rechtlicher Hinsicht, zum Beispiel bezüglich der Rahmenbedingungen zur Kennzeichnung der werblichen Inhalte (vgl. Wille 2018). Das Thema Influencer-Marketing und seine Auswirkungen für den Unternehmenserfolg werden zuweilen stark diskutiert. Das liegt vor allem daran, dass sich zahlreiche Korporationen dieses Marketingtools bedienen ohne eine ganzheitliche Strategie diesbezüglich aufzuweisen. Das führt dazu, dass Influencer-Marketing und dessen Einsatz häufig in die Kritik gerät und somit nicht nur gänzlich positiv bewertet wird – sei es von Unternehmen, Experten aus der Marketingbranche oder den Konsumenten (vgl. Priebe 2017). Aufgrund der schnellen Entwicklung von Influencer-Marketing ist das Thema bisher noch nicht ganzheitlich erforscht. Es existieren zwar bereits einige Erkenntnisse zur Wirkung von Influencer-Marketing, jedoch beziehen sich diese vermehrt auf den Unternehmenserfolg, den diese Form von Social Media-Marketing verändert.Social Media Marketing ist schon seit langem nicht mehr als Trend zu bezeichnen, sondern ist mittlerweile als fester Bestandteil in der Kommunikationsstrategie der meisten Unternehmen etabliert. Vor allem zum Erreichen einer jungen Zielgruppe ist das Marketing, welches auf und über die sozialen Netzwerke wie Facebook, Instagram und Snapchat stattfindet, unabdingbar geworden (vgl. Jahnke 2018, S. 1 f.). Im Laufe der vergangenen Jahre kristallisierte sich eine besondere Form des Social Media Marketings heraus: das sogenannte Influencer-Marketing. Bei diesem verbreiten Influencer – Internetnutzer mit einer außerordentlich hohen Reichweite auf sozialen Plattformen – Inhalte in Kooperationen mit Unternehmen zur Erreichung derer Kommunikationsziele.

Der Einfluss dieses Tools auf die Entscheidungsfindung spielte in der Forschung bisher eine geringere Rolle. Es gibt zwar einige wenige Studien – wie die des Bundesverbandes für Digitale Wirtschaft –, die sich diesem Thema annähern, der alleinige Fokus auf die Wirkung bei Jugendlichen ist hierbei aber bisher nicht gegeben. Da der Einfluss von Marketing auf Jugendliche im Generellen jedoch sowieso differenziert vom Einfluss auf Erwachsene zu betrachten ist, lässt sich das Influencer-Marketing in diesem Kontext als besonders interessant bezeichnen – zumal Jugendliche die Hauptzielgruppe von Beiträgen, die Influencer veröffentlichen – sind (vgl. BVDW 2017). Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich daher mit der Frage, inwieweit Influencer-Marketing die Entscheidungsfindung von Jugendlichen beeinflusst.  aktives Influencer Marketing zu betreiben.

Influencer Marketing – Was ist das überhaupt?

Influencer zeichnen sich durch verschiedene Merkmale aus. Zum einen wird ihnen eine erhöhte Kredibilität bei einer großen Anzahl an Followern zugesprochen. Des Weiteren verbreiten sie in regelmäßigen, recht kurzen Abständen Inhalte über verschiedene soziale Netzwerke und kooperieren teilweise mit werbetreibenden Unternehmen, um deren Produkte und Dienstleistungen zu vermarkten (vgl. Advidera). Influencer lassen sich in zwei Kategorien einteilen: die sogenannten Micro- und Macro-Influencer. Zum einen besitzen Micro-Influencer eine geringere Reichweite, was auf eine niedrigere Anzahl an Followern in den sozialen Netzwerken zurückzuführen ist. Laut einer Definition, die der Verlag Burda herausarbeitete, folgen Micro-Influencern nicht mehr als 10.000 Menschen im digitalen Raum (vgl. Gründel 2017). Diese Tatsache erlaubt den Micro-Influencern, wesentlich spezifischeren Content zu veröffentlichen, der nur für eine Nische an Rezipienten interessant ist und weniger für eine breite Masse gedacht ist als der Inhalt, der durch Macro-Influencer verbreitet wird. Das bringt eine höhere Glaubwürdigkeit für die Mirco-Influencer mit sich (vgl. United vertical media). Unternehmen nutzen diese beiden Arten von Influencern zur Verbreitung von Markenbotschaften. Unter Berücksichtigung bestimmter Aspekte, die im Folgenden aufgeführt werden, lässt sich dieses Vorgehen als Influencer-Marketing bezeichnen. Dieses Marketinginstrument findet bereits seit Längerem in den Vereinigten Staaten Anwendung und hält seit 2014 auch in Deutschland Einzug. Ursprünglich gingen Unternehmen Kooperationen mit Bloggern ein, die ihre Inhalte lediglich auf Blogs veröffentlichten und dort auch Werbebotschaften bestimmter Unternehmen präsentierten, was sich in der heutigen Zeit auf alle denkbaren anderen Online-Plattformen ausweitet (vgl. Jahnke 2018, S. 4).

Das Influencer-Marketing ist von sogenannten Blogger Relations abzugrenzen. Diese beschreiben eine langfristige Zusammenarbeit mit Bloggern, die deutlich über den verhältnismäßig kurzen Zeitraum einer einzigen Werbekampagne hinausgehen. Kooperationen, die unter den Begriff des Influencer-Marketings fallen, zeichnen sich durch ihre Kurzfristigkeit aus und verfügen in der Regel über einen zuvor klar abgesteckten Zeitraum. Ein weiterer Unterschied zwischen Influencer-Marketing und Blogger Relations bildet die Vergütung für die Influencer beziehungsweise Blogger, mit denen die Unternehmen zusammenarbeiten. Im Rahmen von Blogger Relations ist es üblich, dass Unternehmen ihren Partnern Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung stellen, die diese dann im Optimalfall im Rahmen ihrer Beiträge vorstellen. Die Blogger erhalten dabei zumeist keine weitere finanzielle Entschädigung, sondern lediglich die Produkte und Dienstleistungen der Marken. Beim Influencer-Marketing herrscht eine andere Vergütung vor. Die Partner vereinbaren eine gewisse Leistung, die während der Zusammenarbeit zu erfüllen ist. Das können beispielsweise drei Beiträge des Influencers sein, in denen dieser über ein bestimmtes Produkt des Unternehmens spricht. Dafür erhält der Influencer einen zuvor bestimmten Betrag an Geld (vgl. Jahnke 2018, S. 4 ff.). Tatsächlich richtet sich die Vergütung der Influencer nach verschiedenen zu berücksichtigenden Aspekten. Ein Kooperationspartner, der eine Reichweite von 10.000 Followern aufweist, verfügt über eine deutlich schwächere Verhandlungsbasis als jemand, der pro Beitrag mehrere Millionen Menschen erreicht. Darüber hinaus spielt sowohl die Anzahl der Beiträge als auch die Anzahl der Kanäle, auf denen diese verbreitet werden, eine Rolle. Des Weiteren ist die Art des Contents entscheidend, da ein Textbeitrag wesentlich weniger Aufwand bedeutet als das Bereitstellen eines YouTube-Videos mit mehreren Minuten Spieldauer. In einigen Fällen erfolgt die Vergütung auch mit Hilfe einer Pauschale, die sich beispielsweise nach einem festgelegten Stundensatz richtet. Unter den monetären Aspekt fällt ebenfalls die Tatsache, ob ein Unternehmen fordert, dass sich der Influencer für die Laufzeit der Kampagne an eben dieses Unternehmen bindet und keine Kollaborationen mit anderen Marken aus der selben- oder ähnlichen Branchen eingeht und sich damit einschränkt (vgl. Jahnke 2018, S. 7 ff.).

Für Unternehmen, die sich für den Einsatz von Influencer-Marketing entscheiden, stellt dieses verhältnismäßig neue Marketinginstrument eine recht komplexe Aufgabe dar. Aufgrund der großen Anzahl an Influencern, die mittlerweile existiert, ist die Auswahl desjenigen Influencers, der die Zielgruppe des Unternehmens oder der Marke optimal anspricht, von hoher Relevanz (vgl. Jahnke 2018, S. 3). Influencer-Marketing bringt allerdings auch weitere Herausforderungen und daraus resultierende Risiken mit sich: die gesetzlichen Richtlinien. Aufgrund dessen, dass dieses Marketinginstrument erst vor wenigen Jahren entstand, ist die Rechtslage dazu noch nicht abschließend geklärt und es liegt kein eindeutiges Gesetz zur Kennzeichnung von Beiträgen vor, die im Rahmen von Kooperationen mit Unternehmen entstehen. Dafür gibt es jedoch zahlreiche gesetzliche Richtlinien, die sich in regelmäßigen Abständen sehr häufig ändern und den Betroffenen verstärkte Regeln auferlegen (vgl. Ulbricht 2017).

Der Begriff des Influencers und das daraus resultierende Influencer-Marketing existieren zwar noch nicht allzu lange. Das bedeutet allerdings nicht, dass sich die Methodik, die hinter diesem Begriff steht, erst vor wenigen Jahren aus dem Nichts heraus entwickelte. Vielmehr ist es so, dass dieses Phänomen bereits vor vielen Jahren auftauchte – da aber noch nicht den Namen Influencer-Marketing trug – wie unter anderem das folgende Beispiel zeigt: In einem Interview, welches im Jahr 1960 stattfand, erklärt die amerikanische Filmschauspielerin und Model Marilyn Monroe, dass sie zum Schlafen statt Kleidung lediglich etwas vom Parfum Chanel No. 5 trage (vgl. Lehnert 2013). Ob Chanel und Monroe damals Absprachen über diese Aussage getroffen hatten und wie diese – wenn vorhanden – aussahen, ist nicht bekannt. Trotzdem sind hier deutliche Parallelen zum heute bekannten Influencer-Marketing festzustellen. Da Marilyn Monroe die Aussage bezüglich des Parfums nicht in einem strategisch geplanten Werbespot getätigt hat, sondern im Rahmen eines freien Interviews, ist hier nicht vom Einsatz Monroes als Testimonial zu sprechen. Vielmehr war sie in solcher Art Markenbotschafter wie Influencer es heutzutage bei Kooperationen mit Unternehmen sind (vgl. Staib 2018).

Teenies – von Freunden und Vorbildern

Zur Erforschung des Einflusses von Influencer-Marketing bietet sich eine Betrachtung von Jugendlichen aus mehreren Gründen an. Zum einen gelten sie als sogenannte Digital Natives, die das Internet und auch Social Media nahezu ständig nutzen. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Mehrheit von ihnen zahlreiche Berührungspunkte mit Influencern und deren Beiträgen auf verschiedenen Kanälen haben. Zum anderen sind diese Menschen in ihren Entscheidungen teilweise noch nicht konsistent und lassen sich vermehrt durch Freunde beziehungsweise Peergroups und Vorbilder leiten. Peergroups erhalten im Teenager-Alter eine besondere Bedeutung für Menschen. Das ist damit zu begründen, dass sich aufgrund der Pubertät das Verhalten und die Denkweise von Jugendlichen weiterentwickelt. In dieser Lebensphase erfolgt eine erste Abkapslung von den Eltern, um die persönliche Entwicklung und Identitätsfindung einzuleiten (vgl. Böhnisch 1996, S. 92 ff.). Darüber hinaus orientieren sich Menschen gerade im Kindes- und Jugendalter an Vorbildern (vgl. Wegener 2008, S. 93). Aber warum wenden sich junge Menschen überhaupt Personen aus dem öffentlichen oder privaten Bereich zu und suchen sich diese als Vorbilder? Dieses Phänomen lässt sich mit der Suche nach der eigenen Identität beantworten, mit der sich die jungen Menschen zur Zeit ihrer Pubertät auseinandersetzen. Diese Identitätsfindung kann auf zwei verschiedene Arten durchgeführt werden. Zum einen suchen sich die Teenager Personen, zu denen sie aufblicken, und denen sie nacheifern. Es besteht das Bedürfnis, genauso zu sein wie das Vorbild oder zumindest einige Verhaltensweisen oder Eigenschaften übernehmen zu können. Diese Herangehensweise ist vor allem bei männlichen Jugendlichen häufig erkennbar. Auf der anderen Seite fühlen sich junge Menschen teilweise mit ihren Vorbildern verbunden und fühlen sich so, als hätten sie eine tatsächliche Beziehung zu diesen meist fremden Menschen. In vielen Fällen ist diese Relation freundschaftlicher Natur und lässt sich zumeist bei Mädchen beobachten (vgl. Waldmann 2000). Die Verbundenheit lässt sich mit dem Phänomen der parasozialen Interaktion begründen. Dieses beschreibt den Beziehungsaufbau zwischen einem Medienrezipienten und den in den Medien vorkommenden Personen wie Seriencharakteren oder Filmfiguren. Obwohl weder eine persönliche Ebene im realen Leben vorhanden ist noch eine tatsächliche Konversation mit der Person, die im Rahmen von Medieninhalten präsentiert wird, stattfindet, wird eine Beziehung aufgebaut. Diese ähnelt stark solchen Verbindungen, die Menschen mit anderen realen Personen in ihrem wirklichen Lebensumfeld aufbauen und pflegen. Das Individuum unterscheidet in diesem Fall also kaum zwischen einer tatsächlich existierenden Freundin oder einem Charakter, der lediglich durch Medienkonsum zugänglich wird und mit dem nur eine einseitige Beziehung – ohne Kontakt und Konversation – möglich ist (vgl. Bonfadelli/Friemel 2017, S. 117 f.). Im Rahmen der empirischen Studie wurde untersucht, inwieweit Influencer heutzutage eine Freundes- oder Vorbildfunktion für Jugendliche einnehmen.

Jugend ungeschminkt? – Lieber nicht

Die Bedeutung von kosmetischen Produkten für Jugendliche ist als relativ hoch zu bezeichnen, wofür verschiedene Gründe anzuführen sind. Zum einen sind Jugendliche während ihrer Pubertät mit großer Unsicherheit bezüglich ihrer Persönlichkeit und ihres Körpers konfrontiert. Kosmetische Produkte wie Make-Up, aber auch Pflegemittel wie Deodorants oder Zahnpasta und Duschgels vermitteln den jungen Menschen eine höhere Sicherheit und ein damit einhergehendes gesteigertes Wohlbefinden. Diese Erkenntnisse vermittelt die Studie „Jugend ungeschminkt“, die im Auftrag vom IKW — Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel mit Teenagern im Alter von 14 bis 21 Jahren durchgeführt wurde. Auf die Frage, wieso sie Kosmetika anwenden, antworten die Probanden am häufigsten damit, dass sie sich dadurch sicherer fühlen. Weitere Gründe sind die höhere Beliebtheit beim anderen Geschlecht, weniger negative Aufmerksamkeit, stärkere Identifikation mit dem eigenen Geschlecht und das Zugehörigkeitsgefühl. Ein weiteres Ergebnis der Studie bezieht sich auf die Häufigkeit der Anwendung von kosmetischen Produkten. Diese ist im Vergleich zur Vergangenheit gestiegen und findet nunmehr in zahlreichen Fällen fast täglich statt, sodass Schminke im Schulalltag keine Besonderheit mehr darstellt. Mit der zu vermindernden Unsicherheit geht auch eine Experimentierfreudigkeit der Jugendlichen einher. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass die jungen Menschen noch nicht in ihrer Produktauswahl gefestigt sind und daher mehrere Produkte einer Kategorie besitzen, die sie je nach Situation einsetzen (vgl. Industrieverband Körperpflege und Waschmittel).

Ein weiterer Grund für die hohe Relevanz von Kosmetik ist die Darstellung von Schönheitsidealen in den Medien. Diese Tatsache ist den jungen Probanden der Studie allerdings nicht bewusst. Sie konsumieren zwar regelmäßig Inhalte von Bloggern, sehen diese aber laut eigener Aussage nicht zwingend als Idole an und kopieren die von den Influencern präsentierten Ratschläge zum Einsatz von kosmetischen Produkten nicht zwangsläufig bewusst (vgl. ebd.). Das Aufkommen von Influencer-Marketing ist in der Kosmetikbranche als hoch zu bezeichnen. Die Video-Plattform YouTube stellt im Rahmen dessen einen geeigneten Kanal dar, auf dem Influencer ihre Inhalte mit ihren Fans teilen und auf dem außerdem Influencer-Marketing vorzufinden ist. Zahlreiche Youtuber aus dem Bereich Beauty und Lifestyle präsentieren Güter der dekorativen Kosmetik in ihren Videos (vgl. Cosmetic Business 2016). Dabei gibt es verschiedene Ausführungen der Produktplatzierung beziehungsweise der Integration von Produkten innerhalb der Videos – wie beispielsweise Hauls oder Reviews (vgl. Buzz Bird 2016). Ein weiterer Kanal, auf dem kosmetische Produkte von Influencern beworben werden, ist Instagram. Hier sind sowohl Fotos als auch kurze Videos als permanente Inhalte auf den jeweiligen Instagram-Profilen sowie als kurzfristige Beiträge in den Stories möglich. Diese Plattform gilt als besonders geeignet, um den Rezipienten durch Links direkt zur Website oder dem Shop der Marken weiterzuleiten.

Die Social Media-Plattform Snapchat ist ebenfalls als relevanter Kanal für Influencer-Marketing zu bezeichnen. Gerade in der Kosmetikbranche ist die Nutzung von Snapchat laut einer Studie von L2 besonders effektiv. Der Kanal eignet sich besonders, um Content zu veröffentlichen, der die Influencer und Marken in einem alltäglichen Umfeld zeigt und somit hohe Authentizität gewährleistet. Beiträge von Veranstaltungen sind bei Snapchat daher sinnvoll. Des Weiteren ergab die von L2 durchgeführte Studie, dass ein kombinierter Einsatz der Kanäle Snapchat und Instagram erfolgsversprechend sei und auf beiden Plattformen unterschiedliche Inhalte gezeigt werden sollten, die sich ergänzen (vgl. Cosmetic Business 2017). Um zu analysieren, welchen Einfluss Influencer-Marketing auf die Entscheidungsfindung nimmt, werden im Folgenden Mechanismen der Entscheidungsfindung betrachtet.

System 1 und 2 – Wie fällen Menschen Entscheidzungen?

Der Psychologe Daniel Kahneman arbeitete das Modell der Systeme 1 und 2 heraus, die jeweils in bestimmten Situationen für das Denken und Treffen von Entscheidungen verantwortlich sind. Dabei werden vorranging zwei verschiedene Modi, in denen sich ein Individuum wiederfinden kann, betrachtet. Schaut eine Person beispielsweise eine Fotografie eines anderen Menschen an, der im Moment der Aufnahme lacht, geht die Person davon aus, dass der fotografierte Mensch gerade fröhlich ist und gute Laune hat. Diese Bewertung erfolgt vollkommen automatisch und wird nicht bewusst getroffen. Wird die Person, die das Foto anschaut, im Anschluss nach einer Einschätzung der Gefühlslage des Menschen auf dem Bild gefragt, kann sie diese höchstwahrscheinlich ohne weiteres Nachdenken und Zögern abgeben. In dieser Situation übernimmt das System 1 das Denken, da es sich um einen wenig komplexen Sachverhalt handelt, dem die Person täglich mehrmals gegenübersteht. Angelegenheiten, die das System 1 durchführt, lassen sich kategorisieren. Zum einen gehören Fähigkeiten dazu, die Menschen seit ihrer Geburt beherrschen oder solche, die sie seit ihrer Kindheit erlernen und dadurch automatisiert durchführen – wie beispielsweise das Sondieren der Umgebung mit ihren Einzelheiten. Diese Kompetenzen sind bei den Menschen nahezu in gleicher Weise ausgeprägt. Dazu sind noch weitere Situationen zu nennen, in denen das System 1 für das Denken zuständig ist. Individuen entwickeln sich zu einer Art Experten in Bezug auf eine bestimmte Tätigkeit, die sie besonders gut können, weil sie sie vermehrt ausführen und daher die dabei ablaufenden Prozesse bis ins Details erlernen. Das kann beispielsweise ein Hobby wie das Reiten sein, welches jemand, der dieses schon seit mehreren Jahren ausführt, beherrscht und daher kaum darüber nachdenken muss (System 1), während ein Reitanfänger dieses mit hoher Konzentration und Anstrengung absolviert (System 2) (vgl. Kahneman 2014, S. 33 ff.).

Dem System 1 gegenüber steht das System 2. Dieses ist für das Lösen komplexerer Sachverhalte zuständig. Sieht sich ein Individuum beispielsweise einer komplexen mathematischen Aufgabe gegenüber, beginnt es im Regelfall nicht automatisch das Ergebnis zu errechnen und gelangt ohne Anstrengung zur richtigen Antwort. Es ist ihm bewusst, dass es vor der Wahl steht, sich dieser Aufgabe anzunehmen oder von ihr abzulassen. Außerdem ist es denkbar, dass das Individuum in der Lage ist, sich dem Ergebnis über eine Schätzung anzunähern. Um die mathematische Aufgabe aber tatsächlich lösen zu können, ist das bewusste Abrufen von mathematischen Regeln notwendig, die beispielsweise in der gegebenenfalls weit zurückliegenden Schulzeit erlernt wurden. Der Rechenprozess stellt sich je nach Aufgabe als komplex dar und wird in mehreren Schritten absolviert. Es ist also erkennbar, dass sich die Bewältigung komplexerer Sachverhalte als deutlich langwieriger bezeichnen lässt. Das System 2 wird somit in Situationen eingesetzt, die aktives Denken und Nachdenken erfordern. Weitere Beispiele, in denen der Mensch auf das System 2 zurückgreift, sind folgende: das Erkennen eines Menschen mit besonderen Eigenschaften (beispielsweise eine rote Jacke) in einer Menschenmenge, die Konzentration auf das Linksfahren in Großbritannien, sofern man aus einem Land stammt, welches Rechtsverkehr hat. Des Weiteren ist das System 2 dafür verantwortlich das eigene Verhalten, zu kontrollieren. Ein stets höflicher Umgang mit Mitmenschen wird mit Hilfe des Systems 2 gewährleistet, welches unter anderem auch verhindert, dass eine Person in Konfliktsituationen unangemessene negative Äußerungen tätigt.

Bei der Bewältigung von Situationen, in denen System 2 für das Denken zuständig ist, spielt die Konzentration eine bedeutende Rolle. Daher ist es auch nahezu unmöglich, zwei komplexe Sachverhalte gleichzeitig zu absolvieren – es ist also nicht erfolgreich, gleichzeitig in eine enge Parklücke zu fahren und dabei einen mündlichen Vokabeltest durchzuführen. Situationen, die das System 1 löst, lassen sich hingegen auch gleichzeitig abhandeln. Menschen können problemlos etwas essen und dabei einfachen Inhalten einer Fernsehsendung folgen (vgl. Kahneman 2014, S. 34 ff.).

Aus dem Phänomen der Systeme 1 und 2 lässt sich die Existenz von Urteilsheuristiken ableiten. Nicht nur in Situationen wie dem Autofahren oder beim Lösen von Rechenaufgaben sind die beiden verschiedenen Denkmodi relevant. Sie kommen ebenfalls zum Tragen, wenn Menschen vor Entscheidungen stehen, die sie fällen müssen. Steht eine Entscheidung bevor, die unter Zeitmangel und/oder mit der Verfügbarkeit weniger Informationen getroffen werden muss, finden Urteilsheuristiken Anwendung. Der Mensch denkt nach diesem Ansatz nicht lange und ausführlich über seine Auswahl nach, sondern urteilt anhand von Schemata, die teilweise sogar unterbewusst gebildet wurden und für das Individuum leicht abrufbar und anwendbar sind. In bestimmten Situationen sind Individuen daher in der Lage, Entscheidungen zu treffen, die ohne Anwendung von Urteilsheuristiken wesentlich mehr Zeit in Anspruch genommen hätten sowie große Anstrengung benötigt hätten. Der Vorteil dieser Heuristiken ist also sowohl die Zeitersparnis als auch der relativ geringe kognitive Aufwand. Allerdings birgt dieses Phänomen ebenso Nachteile. Entscheidungen, die unter Zuhilfenahme von Urteilsheuristiken getroffen werden, sind nicht selten fehlerbehaftet und könnten daher teilweise im Anschluss bereut werden oder redigiert werden müssen (vgl. Raab/Unger/Unger 2010, S. 121 ff.).

Bei Analysen der Beziehung zwischen Influencern und ihren Zuschauern spielen Entscheidungen eine große Rolle. Glaubt der Rezipient dem Influencer und seinen Aussagen? Ist er gewillt, dessen Produktempfehlungen nachzugehen? Um sich dieser Thematik anzunähern, sollte der von Daniel Kahneman erkannte Halo-Effekt herangezogen werden, mit dem sich beschreiben lässt, wie die Jugendlichen die Influencer bewerten. Der Halo-Effekt beschäftigt sich mit der Tatsache, dass Menschen dazu neigen, bestimmte Eigenschaften anderer Menschen oder Gegenstände auf deren gesamten Charakter zu übertragen. Ist ein Mensch einem anderen beispielsweise sympathisch, werden diesem Menschen auch weitere positive Eigenschaften wie Intelligenz, Einfühlsamkeit oder guter Geschmack zugeschrieben, obwohl keine Kenntnisse über diese Eigenschaften vorliegt. Hierbei ist zu beachten, dass der erste Eindruck die wichtigste Rolle spielt. Eigenschaften, die sich im späteren Verlauf einer Beziehung zwischen zwei Menschen ergeben, werden weniger stark gewichtet als solche, die bereits zu Beginn des Kennenlernens entdeckt wurden. Eine Person, die im ersten Moment also negative Seiten zeigt und später eine hohe Geldsumme spendet, wird trotzdem als weniger großzügig angesehen als jemand, der zunächst sehr freundlich und sympathisch wirkt und später eine vergleichsweise geringere Geldsumme spendet. Dieser Effekt lässt sich auf die Beziehung zu Influencern übertragen: Erachtet ein Jugendlicher einen Influencer als freundlich, nett und gutaussehend, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dieser auch glaubwürdig wirkt. Der Zuschauer geht also davon aus, dass der Influencer Ahnung von den Produkten hat, die er im Rahmen von Kooperationen mit Unternehmen in Beiträgen bewirbt (vgl. Kahneman 2014, S. 108 ff.).

Ein weiterer Aspekt der Entscheidungsfindung kann für die Beziehung zwischen Influencern und Jugendlichen als relevant betrachtet werden. Die von Gerd Gigerenzer und Daniel Goldstein erarbeitete Rekognitionsheuristik befasst sich mit Entscheidungen, die mit Hilfe einer geringen Informationsdichte getroffen werden. Diese Heuristik wird nun anhand eines Beispiels erklärt: Ein Konsument, der Bedarf bezüglich eines Staubsaugers für Tierhaare hat und sich unmittelbar vor einer Kaufentscheidung zwischen zwei Produkten befindet, wird sich für das Produkt entscheiden, welches ihm bezüglich des Kriteriums „geeignet zum Entfernen von Tierhaaren“ als wertvoller erscheint. Es wird ihm das Produkt als wertvoller erscheinen, welches für ihn bezüglich der relevanten Eigenschaft einen höheren Wiedererkennungswert hat. Dieser kann beispielsweise durch Werbespots hervorgerufen werden, die damit werben, dass das Produkt sich besonders für Haushalte mit Tieren eignet. Es ist durchaus möglich, dass der Konsument den Staubsauger ohne weitere Informationssuche lediglich anhand dieser Rekognitionsheuristik erwirbt (vgl. Hertwig/Hoffrage 2001, S. 13 f.).

Das genannte Beispiel lässt sich ebenso auf von Influencern präsentierte Produkte übertragen. Man gehe von dem Fall aus, dass eine jugendliche Konsumentin das Bedürfnis nach einem hautverfeinernden Kosmetikprodukt hat. Um dieses zu erwerben, begibt sich der weibliche Teenager in einen Drogeriemarkt, der eine große Auswahl an Produkten dieser Art im Portfolio aufweist. Bei der Entscheidungsfindung für eines der dargebotenen Produkte erinnert sich die Jugendliche an einen Beitrag einer ihr bekannten Influencerin, die ein Schminktutorial mit einem der dargebotenen Kosmetika bei YouTube veröffentlichte und sich positiv über dieses Produkt äußerte. Die Konsumentin wird nun möglicherweise eben dieses Make-Up-Produkt als besonders wertvoll in Bezug auf das Kriterium „hautverfeinernd“ bewerten und sich daher gegebenenfalls für dieses entscheiden und keine weiteren Informationen zum Vergleich anderer Produkte zu Rate ziehen. Diese Entscheidung muss dabei nicht bewusst erfolgen, da dem Rezipienten nicht zwingend die Existenz der Verfügbarkeit der Informationen über das Produkt bewusst ist.

Habitus und Kapitalien – Menschen orientieren sich nach oben

Der französische Soziologe Pierre Bourdieu beschäftigt sich in seinen Werken mit dem Leben von Individuen in der Gesellschaft und der Etablierung von gesellschaftlichen Gruppen und der Abgrenzung gegenüber anderer Gruppierungen aufgrund verschiedener Aspekte. Die Theorien Bourdieus sind für diese Ausarbeitung relevant, da sie sich sowohl mit dem Individuum, aber auch mit dessen Umwelt befassen und analysieren, wie sich Gewohnheiten und Verhaltensweisen etablieren.

Die Erkenntnisse Pierre Bourdieus lassen sich in vollem Umfang auf das Leben und die Verhaltensweisen von jugendlichen Menschen übertragen. Der Soziologe führt an, dass ein Mensch von Beginn seines Lebens – also mit seiner Geburt – in ein bestimmtes soziales Feld hineinwächst und dementsprechende Gewohnheiten und Routinen entwickelt, die den Habitus dieses Menschen bilden. Außerdem eignet sich eine Person bereits in frühester Kindheit bestimmte Kapitalien, wie beispielsweise das durch die Schule vermittelte Wissen an und verhält sich entsprechend dieser angeeigneten Kapitalien. Mit Hilfe von Bourdieus Theorie lässt sich also auch die Tatsache erklären, dass junge Menschen sich stets mit anderen Jugendlichen beschäftigen und anfreunden, die einen ähnlichen Geschmack und übereinstimmende Vorlieben aufweisen. Des Weiteren ist auch bei dieser jungen Gemeinschaft von Individuen zu erkennen, dass sich zwischen den Jugendlichen selbst eine Form eines Klassensystems aufbaut. Ältere Jugendliche bilden beispielsweise eine höhere Schicht als eine jüngere Gruppe von Teenagern. Deshalb orientieren die Jüngeren sich an ihren älteren Mitmenschen. Die Älteren setzen also Trends für die Jüngeren. Daher ist davon auszugehen, dass Influencer, welche für die Jugendlichen eine besondere Rolle spielen, ebenfalls eine übergeordnete Klasse bilden, an denen sich die Internetnutzer orientieren.

Zu der Strukturierung der sozialen Klassen ist zu erwähnen, dass die Mitglieder der niedrigeren Klassen stets danach streben, die Güter und den Habitus der oberen Schicht zu erreichen. Diese dient der Orientierung der unteren Schichten. Zusammenfassend lässt sich dazu sagen, dass die oberen sozialen Klassen stets einen Trend für die darunter liegenden Schichten darbieten. Um zu vermeiden, dass sich die unterschiedlichen Gruppierungen aneinander zu sehr annähern und im Laufe der Zeit einen identischen Habitus und identische Kapitalien aufweisen, entwickeln sich alle Schichten kontinuierlich weiter. Besitzt die obere Gesellschaftsschicht also einen Gegenstand, der ihr Prestige symbolisiert, strebt die Mittelschicht danach. Hat diese den angestrebten Status erreicht, besitzt die Oberschicht bereits einen neuen aktuelleren Gegenstand, welcher ihr Image unterstützt (vgl. Bourdieu 1976).

Konstruktion und Interpretation – So treffen wir Entscheidungen

Im Folgenden werden die Erkenntnisse aus den zuvor herausgearbeiteten Theorien mit Hilfe eines weiteren Modells zusammengeführt und auf das hier relevante Beispiel des Einflusses von Influencer-Marketing auf die Entscheidungsfindung bei Jugendlichen am Beispiel der Kosmetikbranche bezogen. Dieses Modell, welches von Jan Rommerskirchen erarbeitet wurde, beschäftigt sich mit der Konstruktion und Interpretation von Unternehmens- und Markenbedeutungen. Zur Erklärung dieses Modells werden lediglich die Bestandteile beschrieben, die eine Relevanz für die Thematik besitzen. Das Modell wird daher nicht in seiner gesamten Komplexität vorgestellt und angewendet. Rommerskirchen geht davon aus, dass ein Unternehmen als Basis ein konstruiertes Objekt in Form „eine[r] Marke, ein[es] Produkt[es oder] eine[r] Dienstleistung“ (Rommerskirchen 2017, S. 45.) darstellt. Das Unternehmen errichtet seine Kommunikation um diese Dienstleistung, dieses Produkt oder diese Marke. Der potenzielle Konsument, der Empfänger dieser Kommunikation ist, verarbeitet diese konstruierten Informationen in individueller Art und Weise. Für ihn entsteht daraus wiederum ein eigenes „Konstrukt“ (Rommerskirchen 2017, S. 45.). Hierbei ist zu beachten, dass Menschen stets in ihrem sozialen Umfeld handeln und ihre Interpretation der Information und Kommunikation des Unternehmens nicht nur aufgrund subjektiver Aspekte stattfindet, sondern stets in Bezug zu anderen Individuen steht (vgl. Rommerskirchen 2017, S. 44 ff.).

Die erwähnte Interpretation der Unternehmenskommunikation bezüglich verschiedener Konstrukte lässt sich anhand vierer verschiedener Aspekte kategorisieren und differenzieren. Zum Teil sind diese vier Aspekte in gewisser Weise miteinander verbunden, das ist aber nicht immer der Fall. Zunächst arbeitet Rommerskirchen den Aspekt des Mediums heraus. Es wird untersucht, unter Zuhilfenahme welchen Mediums der Rezipient die Information erhält. Dabei wird differenziert, ob es sich bei diesem um ein Medium handelt, welches mit wenig Aufmerksamkeit – also passiv – oder mit mehr Aufmerksamkeit – also aktiv – rezipiert wird. Je nachdem, welche Form des Kanals vorliegt, ist davon auszugehen, dass ein potenzieller Konsument die Information nachhaltig oder weniger nachhaltig aufnimmt. Um das auf den konkreten Fall des Influencer-Marketings zu übertragen, gilt es zu prüfen, ob Jugendliche das Medium, über das sie die Inhalte der Influencer konsumieren, bewusst oder eher als Nebenbei-Medium nutzen. Der zweite Aspekt, den Rommerskirchen bezüglich der Interpretation anführt, ist die Situation, in der sich der Rezipient während der Informationswahrnehmung befindet. In diesem Zusammenhang wird zwischen Momenten unterschieden, in denen der potenzielle Konsument ausreichend Zeit hat, um über das Dargestellte nachzudenken und dieses durch kognitive Anstrengung zu verarbeiten, oder ob er sich in einer Stresssituation befindet, die es ihm nicht erlaubt, lange über die Sachverhalte zu reflektieren. Das folgt dem von Kahneman erarbeiteten System 1 und 2. Um auch diesen Aspekt auf die konkrete Thematik anzuwenden, ist also interessant, ob sich die jugendlichen Rezipienten Zeit nehmen, um die Inhalte der Influencer anzuschauen oder ob sie diese in einer eher hektischen und ablenkenden Situation wie einer Busfahrt konsumieren.

Den dritten Aspekt der Interpretation bildet das Produkt selbst. Dieser definiert sich darüber, ob es sich bei dem Produkt oder der Dienstleistung um ein High- oder Low Involvement-Produkt handelt. Das variiert je nach Gut und nach Relevanz dieses Guts für den Konsumenten (vgl. Rommerskirchen 2017, S. 47.). Es ist also im Rahmen dieser Ausarbeitung zu differenzieren, ob sich die Jugendlichen stark für Kosmetik interessieren und wie hoch die Bedeutung dieser Produkte für die Zielgruppe ist. Schlussendlich definiert Rommerskirchen als vierten Interpretationsaspekt den Habitus, welcher bereits durch die Ausarbeitung zu den Theorien des Soziologen Pierre Bourdieu bekannt ist. Auch dieses Modell beschäftigt sich mit dem Umfeld der Individuen und hinterfragt, welche Symbolik die verschiedenen Produkte für den Konsumenten unter Berücksichtigung seines sozialen Feldes einnehmen (vgl. Rommerskirchen 2017, S. 47). Es gilt also zu untersuchen, welche Rolle Freunde und andere Gleichaltrige für die Thematik spielen. Diese Punkte wurden mit Hilfe einer empirischen Forschung analysiert.

Erkenntnisse – Influencer beeinflussen Jugendliche

Der Einfluss von Influencer-Marketing wurde mit Hilfe von qualitativen Interviews mit Menschen im Alter von 14 bis 16 Jahren, 17 bis 19 Jahren und Influencern erforscht. Im Rahmen dessen ist festzustellen, dass sich das Verhalten der Jugendlichen bis 17 Jahren deutlich von den Teenagern ab 18 Jahren unterscheidet. Die Jüngeren sind Influencern gegenüber wesentlich zugänglicher als es die älteren Befragten sind. Aufgrund des relativ frühen Forschungsstandes dieser Thematik bietet sich die qualitative Forschung an, um aus den Erkenntnissen Hypothesen abzuleiten. Einige Thesen wurden allerdings bereits vor der Durchführung der Forschung aufgestellt und mit Hilfe dieser geprüft. Zum einen sollte das Verhältnis zwischen Influencern und Teenagern beleuchtet werden. Es bestand die Vermutung, dass Influencer eine Kombination aus Freund und Vorbild für die jungen Follower darstellen. Diese Hypothese lässt sich auf Grundlage der Forschung bestätigen. Hier bedarf es allerdings eines Hinweises. Nicht jeder Jugendliche sieht die Influencer als Mischung aus Vorbild und Freund, vielmehr ist es so, dass einige Teenager eine freundschaftliche Beziehung zu den Influencern empfinden, andere sie aber deutlich und ausschließlich als Vorbilder anerkennen. Es ist also festzustellen, dass die Influencer nicht einhellig als Freunde, aber auch nicht einhellig als Vorbilder angesehen werden. Sie selbst legen sich in diesem Punkt auch nicht fest. Einige verstehen sich eher als Freund, andere als Vorbild ihrer Follower.

Die zweite Hypothese behauptet, dass junge Menschen Produktempfehlungen von Influencern nachgehen, ohne bereits vorher einen Bedarf an diesen Produkten zu empfinden. Diese Hypothese lässt sich durch die Erkenntnisse der qualitativen Forschung widerlegen. Zum einen erwerben die Jugendlichen gar nicht so viele Produkte aufgrund der Empfehlungen von Influencern und ziehen bei Interesse noch weitere Informationsquellen wie Freunde zu Rate und erwerben diese Produkte lediglich dann, wenn sowieso der Bedarf nach Gütern dieser Produktart besteht. Es ist nämlich ein erhöhtes Vorkommen von Skepsis gegenüber den Influencern und ihren Kooperationen mit Unternehmen auf Seiten der Jugendlichen festzustellen. Die junge Zielgruppe hält die Veröffentlichung von Produktempfehlungen aufgrund eines finanziellen Vorteils für die Influencer teilweise für durchaus möglich. Die dritte Hypothese, welche sich darauf bezieht, ob Teenager den Inhalten von Influencern unter Einsatz des Systems 1 oder 2 Glauben schenken, ist differenziert zu betrachten. Dadurch, dass es sich bei kosmetischen Produkten aus der Sicht von Jugendlichen um High Involvement-Produkte handelt, findet hier zumeist eine länger andauernde Auseinandersetzung mit den Produkten vor deren Kauf statt. An sich werden also sämtliche Informationen zu Kosmetika – auch die, welche Influencer verbreiten – mit Hilfe des Systems 2 verarbeitet. Allerdings ist festzuhalten, dass sich ein gewisser Lerneffekt bezüglich der generellen Inhalte von Influencern einstellt. Da dieser Content von den jungen Menschen sehr regelmäßig – zum Teil mehrmals täglich – konsumiert wird, werden Influencer für glaub- und vertrauenswürdiger gehalten. Das zeigt auch eine Aussage innerhalb eines Interviews, welche sich darauf bezieht, dass Jugendliche vor allem den Influencern trauen, denen sie bereits seit längerer Zeit folgen und die sie somit zu kennen glauben.

Abschließend wird nun die Forschungsfrage beantwortet, welche wie folgt lautet: „Beeinflusst Influencer-Marketing die Entscheidungsfindung bei 14- bis 19-Jährigen?“. Zusammenfassend ist festzustellen, dass sehr wohl eine gewisse Beeinflussung von Jugendlichen durch Influencer vorliegt. Das liegt daran, dass die jungen Menschen viel Zeit mit der Rezeption der Inhalte der Influencer zubringen und diese teilweise als ihre Freunde ansehen. Dass sich Teenager nach wissenschaftlichen Erkenntnissen durchaus durch Freunde und andere Menschen aus ihrem engeren Umfeld beeinflussen lassen, spricht ebenfalls dafür. In Bezug auf die konkrete Beeinflussung von Jugendlichen durch Influencer-Marketing bezüglich der Entscheidungsfindung lässt sich feststellen, dass diese zwar nicht explizit von den befragten Jugendlichen selbst geäußert wurde, jedoch vermutlich dennoch vorliegt. Nach Bourdieu orientieren sich Menschen stets an Mitgliedern einer höher gelegenen Kategorie. Influencer befinden sich aus Sicht der Jugendlichen in dieser und nehmen daher teilweise unbewusst Einfluss auf sie. Das bestätigen ebenfalls die Aussagen der interviewten Influencer, die teilweise deutliche Nachahmungen ihrer Zuschauer bezüglich ihrer Person feststellen können. Wie sich diese Thematik in Zukunft entwickeln wird, zeigt der nun folgende Ausblick.

Ausblick – So geht es weiter

Für die Prognose der zukünftigen Entwicklung des Influencer-Marketings sind zwei Phänomene zu berücksichtigen. Auf der einen Seite ist davon auszugehen, dass Influencer-Marketing sich weiterhin als Marketinginstrument etablieren und daher vermehrt zum Einsatz kommen wird. Das wird voraussichtlich dazu führen, dass sich eine wachsende Zahl an Marketingexperten und Agenturen auf diese Thematik spezialisieren wird und Unternehmen daher zukünftig auf ausgefeilte Strategien und verbesserte Maßnahmen im Umgang mit Influencern zurückgreifen können. So wird die Qualität der Influencer-Kampagnen also wahrscheinlich erhöht. Das sollte zu einer erhöhten Glaubwürdigkeit bei der Zielgruppe führen. Allerdings ist nun das zweite Phänomen zu beachten. Durch die zunehmende Konfrontation der jungen Zielgruppe mit Beiträgen, die im Rahmen von Kooperationen zwischen Influencern und Unternehmen entstehen, erfolgt eine Sensibilisierung für das Thema. Die jungen Menschen lernen also, eigene Beiträge der Influencer besser von den gesponserten zu unterscheiden. Außerdem ist durch den erhöhten Einsatz dieses Marketinginstruments damit zu rechnen, dass einige Influencer mit einer größeren Anzahl an Unternehmen zusammenarbeiten. Das führt dazu, dass eventuell auch Inhalte veröffentlicht werden, die von dem übrigen Content der Inhalte abweichen und somit ebenfalls an Glaubwürdigkeit einbüßen. Zusammenfassend ist also zu prognostizieren, dass das Influencer-Marketing zunächst weiter ausgebaut wird, die Rezipienten auf der anderen Seite aber vermehrt ein Gespür für diese Inhalte entwickeln und die Kritik daran und an den Influencern selbst wahrscheinlich langfristig steigen wird.

 

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